Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in München 1919-1933

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Verfasst von Friedbert Mühldorfer

Entstehung, Aufbau, Entwicklung und Politik der kommunistischen Parteiorganisation

Die KPD wurde auf einer Konferenz des Spartakusbundes und anderer linkssozialistischer Gruppen am 30.12.1918 in Berlin gegründet. Mit dem erstmaligen Erscheinen der Münchner Rote Fahne am 15.1.1919 trat sie auch in München mit einer eigenen Parteizeitung an die Öffentlichkeit.

Als neue revolutionäre Partei der Arbeiterbewegung wollte die KPD die im November 1918 begonnene Revolution fortführen und Deutschland zu einer Räterepublik umgestalten. Sie grenzte sich damit völlig von der Politik der Sozialdemokratie (MSPD) ab, der vorgeworfen wurde, durch Zusammenarbeit mit den alten politischen, wirtschaftlichen und militärischen Eliten die revolutionäre Umgestaltung Deutschlands und damit eine „wahre Demokratie“ (Programm der KPD 1919) verhindert zu haben. Aus diesem Grund lehnte die KPD auch den Parlamentarismus der Weimarer ‚Scheinrepublik‘ ab.

Entsprechend skeptisch stand die Münchner KPD den ‚revolutionären‘ Regierungen in Bayern seit 1918/19 gegenüber, da von ihnen - unter Einbeziehung der MSPD - keine konsequenten Maßnahmen zur Sozialisierung und zur Niederhaltung der gegenrevolutionären Kräfte zu erwarten seien. Obwohl organisatorisch kaum entwickelt, fand die KPD zunehmend Anhängerschaft in den Münchner Arbeiter- und Soldatenräten. Wurde die am 7.4.1919 als revolutionäre Gegenregierung ausgerufene Münchner Räterepublik noch als ‚Scheinräterepublik‘ abgelehnt, so änderte die Partei ihre Haltung, als die nach Bamberg ausgewichene Regierung unter dem MSPD-Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann die revolutionäre Räteregierung nun auch militärisch bekämpfte. Führende Kommunisten wie Eugen Leviné, Max Levien oder der Kommandant der ‚Roten Armee‘ Rudolf Egelhofer prägten nun ab Mitte April die revolutionäre Räteregierung. Mit der brutalen Niederschlagung dieser ‚kommunistischen Räterepublik‘ Anfang Mai durch Regierungstruppen und Freikorps endete diese erste Phase der kommunistischen Bewegung in Bayern und München.

Schwierige äußere Bedingungen prägten in der Folgezeit den Aufbau der Partei: Verfolgung und Verurteilung vieler Kommunist*innen nach der Niederschlagung der Revolution dezimierten die Zahl an Führungskräften erheblich; Partei-, Versammlungs- und Publikationsverbote durch die bayerischen Behörden machten eine kontinuierliche Arbeit fast unmöglich. Die Beteiligung an der Räterepublik und die Beibehaltung der revolutionären Orientierung in den Nachkriegsjahren führten zur fast völligen Ausgrenzung der Kommunist*innen aus der bürgerlichen Gesellschaft und Öffentlichkeit. Dennoch erzielte die KPD bei den Reichstagswahlen im Juni 1920 in München 8,3 % (= 25.000 Stimmen). Durch den Übertritt von USPD-Mitgliedern seit Ende 1920 konnte die KPD nicht nur die Mitgliederzahl und die Zahl an Abgeordneten im Landtag von zwei auf sieben erhöhen, sondern auch ihre Position in den größeren Münchner Betrieben ausbauen. Im Frühjahr 1926 waren bayernweit über 6000 Mitglieder organisiert, davon 1138 im heutigen Stadtgebiet München. Nach den Kommunalwahlen vom Dezember 1924 hatte die KPD fünf Stadträte in München und je zwei in Pasing und Aubing.

Schwerpunkte der politischen Arbeit blieben auch in den Folgejahren der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und für die Verminderung des sozialen Elends der Arbeiterschaft, die Propagierung der sozialen Errungenschaften der Sowjetunion, die Warnung vor wachsender Kriegsgefahr und zunehmender ‚faschistischer Entwicklung‘ in Deutschland.

Als antikapitalistische Partei sah die KPD die Lösung grundsätzlich nur im revolutionären Umsturz und der Errichtung des Sozialismus. Die Anprangerung der SPD als einer Partei, welche die Arbeiterschaft durch illusionäre Reformpolitik vor dieser Erkenntnis abhalte (‚Arbeiterverräter‘), spielte zwar in München eine vergleichsweise geringe Rolle in der Propaganda der KPD, erschwerte aber wesentlich das von der KPD erstrebte gemeinsame Vorgehen gegen die NS-Bewegung. Gerade in der Endphase der Weimarer Republik provozierten nämlich SA und NSDAP mit Umzügen und Veranstaltungen in ‚Arbeitervierteln‘ wie Giesing, Westend, Pasing, Neuhausen oder Haidhausen die Arbeiterschaft und dortige SPD- und KPD-Gruppen. Vor Ort kam es dabei besonders unter Mitgliedern der beiden Jugendorganisationen Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ) und Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (KJVD) sowie Arbeitersportverbänden zum gemeinsamen Vorgehen bei der Abwehr der Nazis.

Obwohl die Münchner KPD auch in den Jahren der Wirtschaftskrise seit Ende der 1920er-Jahre organisatorisch und hinsichtlich ihres betrieblichen und gewerkschaftlichen Einflusses weit hinter der SPD zurückblieb (1932 rund 3500 Mitglieder gegenüber rund 14.000 der SPD), gewann sie als radikale Anklägerin der Krisenpolitik Mitglieder und besonders Wählerstimmen hinzu: Bei den Reichstagswahlen im November 1932 erzielte sie in München 19,7 % (=75.559 Stimmen) und erreichte fast die SPD (79.109 Stimmen). Mit zahlreichen Nebenorganisationen wie der ‚Roten Hilfe‘, dem ‚Verband proletarischer Freidenker‘, der ‚Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit‘ sowie der ‚Marxistischen Arbeiterschule‘ versuchte sie, Anhänger der KPD auch organisatorisch stärker zu binden. Mit den Wehrorganisationen ‚Roter Frontkämpferbund‘ bzw. ‚Kampfbund gegen den Faschismus‘ sollten öffentlich wirksame Zeichen gegen die Aufmärsche der Nazis gesetzt werden; die entschiedene Kampfansage an die Nazis machten die KPD innerhalb der Arbeiterjugend besonders attraktiv.

Auch die Münchner KPD sah Anfang der 1930er-Jahre in der drohenden Machtübernahme durch die NSDAP lediglich einen weiteren Wechsel der bisher bereits ‚halbfaschistischen‘ Regierungen mit verschärfter Repression gegen die Arbeiterbewegung, den diese aber, so die Erwartung der Partei, bald nutzen werde, um dann endgültig alle Formen bürgerlicher Herrschaft abzuschütteln und den Sozialismus zu errichten.

Trotz der jahrelangen intensiven Bekämpfung der NS-Bewegung stand die Münchner KPD der Machtübernahme durch die NSDAP insgesamt hilflos gegenüber: Als Partei hatte sie trotz vieler Wählerstimmen im Endeffekt zu wenig Einfluss in Betrieben und Arbeiterschaft; das erhoffte Zusammengehen mit sozialdemokratischen und gewerkschaftlich organisierten Arbeiter*innen kam nicht zustande. Die bürgerlichen Kreise schließlich sahen letztlich in den Nationalsozialisten das kleinere Übel gegenüber einer ‚bolschewistischen‘ oder ‚sozialistischen Gefahr‘ und nahmen den Terror der neuen Regierung gegen die Arbeiterbewegung in den ersten Monaten nach der Machtübernahme meist hin.

Quellen

Mehringer, Hartmut: Die KPD in Bayern 1919-1945. Vorgeschichte, Verfolgung und Widerstand, in: Martin Broszat/Hartmut Mehringer/Elke Fröhlich (Hg.), Bayern in der NS-Zeit, Bd. 5, München 1983, S. 1-286.
Mühldorfer, Friedbert: Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), 1919-1933/1945-1956, in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44532>(zuletzt aufgerufen am 6.11.2023).

Empfohlene Zitierweise

Friedbert Mühldorfer: KPD in München 1919-1933 (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/kpd-in-muenchen-1919-1933-458