Hermann Kriebel (20.10.1876 Germersheim – 16.2.1941 München)

Biographies
Verfasst von Brigitte Zuber

Geburtshelfer der Ordnungszelle Bayern, militärischer Führer des Hitler-Ludendorff-Putsches

v.l.n.r. Adolf Hitler, Emil Maurice, Hermann Kriebel, Rudolf Heß, Friedrich Weber in der Festungshaft in Landsberg am Lech, 1924 | Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Heinrich Hoffmann, hoff-6652

Kriebel wurde am 20.1.1876 in Germersheim als Sohn des Generalmajors Karl Kriebel, Platzkommandant des Lagers Lechfeld, geboren. Er besuchte das Kadettenkorps und wechselte 1900 vom bayrischen Heer zur kaiserlichen Marine-Infanterie, nahm an der Niederschlagung des sog. Boxeraufstandes in China teil und trat Ende 1901 wieder ins bayerische Heer ein. 1904 heiratete er die Tochter des Direktors eines großen Chemieunternehmens, Irene Hasenbach.

Die folgenden drei Jahre besuchte er die Kriegsakademie München, 1910 gründete er gemeinsam mit den Militärs Robert Graf von Bothmer und Hans Giehrl den Wehrkraftverein – Jungbayern e.V. zur vormilitärischen Ausbildung. Kriebel setzte seine Karriere beim Heer fort und wurde 1918 schließlich Abteilungschef beim Ministerium für militärische Angelegenheiten. Als Mitarbeiter der Obersten Heeresleitung bei Erich Ludendorff vertrat er ihn und die bayerische Regierung vom 11.11.1918 bis Juli 1919 bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Spa. Im Juli 1920 verließ er die Armee.

Vom 1.10.1919 bis zum offiziellen Auflösungstag am 1.7.1921 leitete er die Geschäfte der Landesleitung der bayerischen Einwohnerwehren, gleichzeitig war er Stabsleiter der „Organisation Escherich“ (Orgesch) sowie der „Organisation Kanzler“ (Orka), die die Wehren im übrigen Reichsgebiet bzw. in Österreich organisierten. In diesen Funktionen galt er als der militärische Scharfmacher, der mehr Machtfülle auf sich vereinigte als der Landes- und Reichsleiter Georg Escherich selbst. Kriebels große Stunde kam, als er am 13.3.1920 von Gustav von Kahr angerufen und über den Kapp-Putsch informiert wurde. Kriebel mobilisierte die Einwohnerwehren gegen den Generalstreik und übte im Einverständnis mit Kahr und in Begleitung des Polizeipräsidenten den nötigen Druck auf General Möhl vom Gruppenkommando 4 aus, die Militärdiktatur in Bayern zu errichten. Die sog. Ordnungszelle Bayern - lange vorbereitet - war geboren.

Nach Auflösung der bayerischen Einwohnerwehren Mitte 1921 blieb Kriebel im engsten Führungskreis um Ludendorff und Ernst Röhm. Es folgten Machtkämpfe mit Escherichs Nachfolger Ernst Pittinger und den sog. weißblauen Vaterländischen. Kriebel trat in die NSDAP ein. Gemeinsam mit dem deutschnationalen, antisemitischen ehemaligen Justizminister Christian Roth leitete er die von Ernst Röhm initiierte Arbeitsgemeinschaft der Vaterländischen Kampfverbände, vom 1.5.1923 führte er militärisch den Deutschen Kampfbund. Er war der militärische Organisator des Hitler-Putsches. Von den fünf Jahren Festungshaft, zu dem er anschließend verurteilt wurde, verbrachte Kriebel genauso wie Hitler nur knapp zehn Monate im Gefängnis; im Dezember 1924 konnten beide Landsberg wieder verlassen.Die lange Besucherliste der Festungshaftanstalt für Hermann Kriebel zeigt, ebenso wie diejenige für Hitler und den Bund-Oberland-Führer Weber, die Querverbindungen in der Münchner Stadtgesellschaft. Kriebel wurde u.a. von Professor Karl Haushofer, Kommerzienrat Kühner, Ingenieur August Hirschbold, aber auch der Verleger-Gattin Elsa Bruckmann oder dem Seifenfabrikanten Otto Brandl besucht. In der Zeit vom 4.4. bis 4.7.1924 wechselten sich Ludendorff und Röhm zwölf mal mit Besuchen Kriebels in Landsberg ab.

Fundstücke in den Büroräumen des Völkischen Kuriers im Ringhotel am Sendlinger Torplatz 1, Kriebels angestammtem Wohnsitz und ehemaliger Geschäftsstelle der Einwohnerwehren, deckten die Fortsetzung der konspirativen Beziehungen zwischen Bayerischer Reichswehr und den Paramilitärs Kriebel, Röhm und Weber auf. Von 1926 bis 1929 war Kriebel in Kärnten in der sog. Heimwehrbewegung tätig, von 1929 bis 1933 beriet er Tschiangkaischeck in China, 1933 wurde er SA-Obergruppenführer, von 1934 bis 1937 vertrat er das NS-Regime als Generalkonsul in Schanghai, dann wurde er Ministerialdirektor des Auswärtigen Amts unter von Ribbentrop. Kriebel starb am 16.2.1941 und erhielt ein pompöses Staatsbegräbnis in München, die Beisetzung fand in Niederaschau im Chiemgau statt.

Empfohlene Zitierweise

Brigitte Zuber: Kriebel, Hermann (publiziert am 29.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/kriebel-hermann-463