Elisabeth N. (1908 – 1944)

Biographies
Verfasst von Sibylle von Tiedemann

Dienstmädchen, Opfer der Zwangssterilisation, Opfer der NS-‚Euthanasie‘

Elisabeth N. (Pseudonym) wuchs zusammen mit einer Schwester und zwei Brüdern in schwierigen Familienverhältnissen auf. Der Vater, Redakteur bei einer Weinzeitung, kümmerte sich nicht um die Kinder und schlug sie ebenso wie die Mutter. Diese habe sie nicht gemocht, wie Elisabeth bei der Klinikaufnahme angab. Nach der Volksschule lernte sie bei den Franziskanerinnen in Mainz drei Jahre Hauswirtschaft. Anschließend war sie in verschiedenen Stellungen als Dienstmädchen beschäftigt, darunter auch ein halbes Jahr in Antwerpen.

Elisabeth N. kam erstmals 1932 nach einem Suizidversuch in die Psychiatrische Nervenklinik in der Nußbaumstraße. Dort äußerte sie laut einer Eintragung in der Patientenakte: „Keinen Menschen hab' ich auf der Welt, da soll man nicht traurig sein“ (BAObb, EH, Patientenakten Nr. 9000). Sie wurde in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar verlegt. Zwar ein Jahr später bereits entlassen, wurde sie bald darauf wieder aufgenommen und am 20.1.1937 in Eglfing-Haar zwangssterilisiert.
In den verschiedenen Heil- und Pflegeanstalten wurde Elisabeth N. als unruhige, aufsässige und gewalttätige Patientin beschrieben. Vier zerschlagene Fensterscheiben führten in Eglfing-Haar am 9.8.1943 zur Verlegung in das ‚Hungerhaus‘ für Frauen. Dort wurde sie isoliert, fixiert und sediert. An ihren Vormund schrieb sie dazu: „Nur fürchte ich, dass durch das Zusammenpferchen mit lauter Geisteskranken meine Nerven wieder sehr bald einen Knacks bekommen. [...] Von früh bis spät wird gestritten. Die meisten Ärzte und Oberpflegerinnen, wenn hier durchgehen, halten sich vor dem Lärm die Ohren zu. Aber wir dürfen Tag und Nacht dabei sein“ (ebd.). Elisabeth N. starb im Dezember 1944 an den Folgen der ‚Hungerkost‘.

Quellen

Archiv des Bezirks Oberbayern, Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, Patientenakten Nr. 9000.

Empfohlene Zitierweise

Sibylle von Tiedemann: N., Elisabeth (publiziert am 18.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/n-elisabeth-583