Georg Neithardt (31.1.1871 Nürnberg – 1.11.1941 Rottach-Egern)

Biographies
Verfasst von Sabine Schalm

National-konservativer Jurist, Vorsitzender Richter am Münchner Volksgericht beim Hitlerprozess 1924

Georg Neithardt (1871-1941) | Münchner Stadtmuseum, FM-87/61.550.27, Foto: Philipp Kester

Georg Neithardt wuchs in einer protestantisch-großbürgerlichen Familie auf und wurde von deren nationalistisch-monarchistischer Staats- und Kaisertreue geprägt. Er studierte Jura in Nürnberg und München. 1911 wurde er Landgerichtsrat in München. Aufgrund seiner rechtskonservativen Haltung wurde er 1919 Vorsitzender am Bayerischen Volksgericht in München und führte diverse politische Prozesse. Er fällte harte Urteile gegen Anhänger der Revolution und Räterepublik und war nachsichtig gegen rechte Straftäter wie im Falle von Anton Graf von Arco auf Valley. Dem nationalistisch-antisemitischen Mörder des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner attestierte Neithardt, aus ‚Vaterlandsliebe‘ gehandelt zu haben.

Besonders deutlich wurde seine Sympathie für die äußerste Rechte während des Hitlerprozesses 1924. Er überließ Hitler während des Prozesses den Gerichtssaal als Agitationsforum, beging Formfehler und fällte gegen die Hochverräter rechtswidrig niedrige Urteile. Dass er die Ausweisung des Österreichers Hitler unterließ, war eine eindeutige Rechtsbeugung.

Am 1.9.1933 wurde Georg Neithardt zum Präsidenten des Oberlandesgerichts München und 1934 zum Präsident der Reichsdisziplinarkammer ernannt. 1935 war er am Erbhofgericht München tätig. Obwohl Georg Neithardt nicht zu den fanatischen Parteigängern gehörte – er war erst am 1.11.1933 der NSDAP beigetreten – stützte er durch seine Amtsführung das NS-Unrechtssystem und formulierte in der Ansprache anlässlich seiner Pensionierung 1937: „Ich bin glücklich, dass ich seit 1933 an dem Aufbau und Ausbau des nationalsozialistischen Staates mitarbeiten durfte“ (Huber, S. 102).

1948 wurde Georg Neithardt postum von der Spruchkammer Weilheim als ‚Mitläufer‘ eingestuft. Seine Witwe erstritt über mehrere Instanzen hinweg 1951 die Einstellung des Verfahrens und erhielt bis zu ihrem Tod 1992 eine Witwenrente.

Quellen

Gritschneder, Otto: Der Hitler-Prozeß und sein Richter Georg Neithardt. Skandalurteil von 1924 ebnet Hitler den Weg, München 2001.
Huber, Bernhard: Georg Neithardt - nur ein unpolitischer Richter?, in: Marita Krauss: Rechte Karrieren in München. Von der Weimarer Zeit bis in die Nachkriegsjahre, München 2010.

Empfohlene Zitierweise

Sabine Schalm: Neithardt, Georg (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=590&cHash=7f34a484a9c8cccb7671e88149719a42