Siegfried (Fritz) Neuland (30.1.1889 Bayreuth – 4.11.1969 München)

Biographies
Verfasst von Ilse Macek

Jüdischer Münchner Rechtsanwalt und Holocaust-Überlebender; in der Nachkriegszeit Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde München, Mitglied des Bayerischen Senats

Siegfried "Fritz" Neuland | StadtAM

Siegfried (Fritz) Neuland wurde als zweiter Sohn des Kaufmanns Salomon und Albertine Neuland, geb. Lehmann, in Bayreuth geboren. Dort ging er in die Volksschule und das humanistische Gymnasium; anschließend studierte er bis 1912 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und schloss mit der ersten juristischen Staatsprüfung ab. Für seinen Kriegsdienst über die gesamte Kriegsdauer erhielt er viele Auszeichnungen. Nach dem Vorbereitungsdienst beim Amtsgericht sowie beim Bezirksamt Erding folgte 1919 die zweite Staatsprüfung. Die erste Ehe mit der zum jüdischen Glauben übergetretenen Margarethe Siegritz scheiterte; aus ihr war 1932 die Tochter Charlotte hervorgegangen. 1936 erlangte Fritz Neuland das alleinige Sorgerecht, seine verwitwete Mutter übernahm die mütterliche Betreuung des vierjährigen Mädchens.

Fritz Neuland führte eine bekannte Kanzlei am Münchner Stachus. Eine Verhaftung 1938 wurde dank der Fürsprache eines dankbaren ehemaligen Mandanten wieder aufgehoben. Nach dem endgültigen Berufsverbot für jüdische Rechtsanwälte Ende 1938 war im sogenannten Altreich die Zulassung von insgesamt 172 „Rechts-Konsulenten“ vorgesehen, die noch jüdische Mandanten vertreten durften. Fritz Neuland wurde einer von ihnen. Im Juli 1942 wurde seine Mutter nach Theresienstadt deportiert, wo sie 1944 an Hunger und Entbehrungen starb. Seine Tochter Charlotte (die spätere Präsidentin der Israelitischen Jultusgemeinde München und Oberbayern) überlebte versteckt bei einer Bauernfamilie. Fritz Neuland, der 1942 die Kanzlei des deportierten Kollegen Albert Oppenheimer mit übernommen hatte, wurde ab Februar 1943 zur Zwangsarbeit u.a. in einem Batterie-Rüstungsbetrieb verpflichtet; dabei zog er sich bei Verzinnungsarbeiten ein Augenleiden zu. Er war einer der wenigen Juden, die im sogenannten Altreich überlebten.

In der Nachkriegszeit erlangte Fritz Neuland die Wiederzulassung als Anwalt und schloss 1947 eine zweite Ehe mit der verwitweten Edith Hermann, geb. Manneberg. Er war Initiator und Mitbegründer der am 19.7.1945 errichteten Israelitischen Kultusgemeinde in München. Zunächst deren Vizepräsident, wurde er 1951 zum Präsidenten gewählt. Dies blieb er, mit wenigen Unterbrechungen, bis 1969. Von 1952 bis 1963 Mitglied des Bayerischen Senats, wirkte er im Sonderausschuss Gemeindeordnung und im Rechts- und Verfassungsausschuss mit. Von 1953 bis 1957 war er Vorsitzender des Landesausschusses des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. Diese Leistungen verschafften ihm ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Auf seine Initiative wurde 1969 der Gedenkstein für die ehemalige Münchner Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße errichtet. Als nach der NS-Zeit infolge der Zuwanderung aus Osteuropa die Münchner jüdische Gemeinde wieder wuchs, wurde unter seiner Ägide die rechtliche Basis für die gemeindliche Selbstverwaltung geschaffen und damit ihre Existenz dauerhaft gesichert.


Quellen

Stadtarchiv München, Datenbank zum biographischen Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945.
Knobloch, Charlotte/Seligmann, Rafael: In Deutschland angekommen. Erinnerungen, München 2012.

Empfohlene Zitierweise

Ilse Macek: Neuland, Siegfried (publiziert am 28.11.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/neuland-siegfried-597