Gerhard von Prosch (30.1.1895 Obersohland/Sachsen – 16.7.1937 Istanbul)

Biographies
Verfasst von Albert Knoll

Mitglied der SA-Führungsriege, verfolgter Homosexueller

Gerhard von Prosch stammte aus einer Familie von Rittergutsbesitzern. Er hatte eine standesgemäße militärische Karriere durchlaufen und nach dem Ersten Weltkrieg eng mit Freikorpseinheiten in Sachsen zusammengearbeitet. Schließlich wurde er von Ritter von Epp nach Bayern geholt, als Oberleutnant der bayerischen Landespolizei eingesetzt und bildete Anfang 1923 den ‚Stoßtrupp Adolf Hitler‘ aus. Nachdem der Hitlerputsch gescheitert war und von Prosch einige kurze Haftstrafen verbüßt hatte, verließ er Deutschland. Als Eisenbahningenieur in der Türkei hielt er jedoch engen Kontakt mit der NS-Führung.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kehrte er im Sommer 1933 nach Deutschland zurück und ließ sich in München nieder, wo er in Hotels lebte. Er unterhielt enge Kontakte zum homosexuellen SA-Führer Ernst Röhm. Als Sturmbannführer wurde von Prosch bis in die Oberste SA-Führung befördert. Aufgrund dieser Stellung glaubte er sich im nationalsozialistischen Staat sicher und knüpfte über Hotelangestellte oder über Vertraute, wie den Röhm-Adjutanten Peter Granninger, sexuelle Kontakte zu jungen Männern. Nur durch Zufall entging er der Mordaktion gegen die SA-Spitze am 30.6.1934. Einen Tag nach der Ermordung Ernst Röhms wurde Gerhard von Prosch verhaftet. Kurze Zeit nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft im August 1934 wurde er erneut verhaftet und in das KZ Dachau überführt. Er wurde daraufhin aus der NSDAP ausgeschlossen. Von Prosch blieb in Dachau bis zum 1.10.1935 inhaftiert. Danach konnte er in die Türkei zurückkehren und starb im Sommer 1937 in Istanbul.

Quellen

Staatsarchiv München, Polizeidirektion München 15540.
Stadtarchiv München, Personalmeldebogen.
Dornberg, John: Der Hitlerputsch – 9.November 1923, München 1998.

Empfohlene Zitierweise

Albert Knoll: Prosch, Gerhard von (publiziert am 17.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/prosch-gerhard-von-661