Reichssiedlung Rudolf Heß

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Verfasst von Ulrike Haerendel

Siedlung in Pullach für die Münchner NSDAP-Elite

Die ‚Reichssiedlung Rudolf Heß‘ in Pullach, seit 1947 Sitz der Organisation Gehlen, anschließend des daraus hervorgegangenen BND, Aufnahme 1938 | Gemeindearchiv Pullach, Foto: Strähle Luftbild

1936-1941 erwarb die NSDAP über 100 Hektar Grund in Pullach, um eine Siedlung für die Münchner Parteielite bauen zu lassen. Rudolf Heß war Namensgeber der Siedlung, aber sein Stabsleiter und späterer Nachfolger Martin Bormann war der eigentliche Bauherr, der auch die Grundstücksankäufe unter Druck und Zwang zuwege brachte. Der Architekt Roderich Fick entwarf eine Villensiedlung mit 26 Einfamilien- und vier Zweifamilienhäuser, die im Rechteck angeordnet wurden. Die Garten- und Landschaftsplanung übernahm Alwin Seifert. Der Gartenstadtcharakter und auch der gebräuchliche Name ‚Sonnenwinkel‘ sollten nach außen einen freundlichen Eindruck dieser NS-Funktionärssiedlung vermitteln. 1938 wurden in der Stabsleitervilla Vorgespräche für das Münchner Abkommen geführt. Später diente der mit einem unterirdischen Bunker versehene Ort Hitlers Aufenthalten in München und Bormanns Empfängen auswärtiger Staatsgäste. Ab 1942 wurde der unbebaute Teil der Liegenschaft zum ‚Führerhauptquartier Siegfried‘ ausgebaut.

1945 übernahmen die US-Streitkräfte das Gelände, nachdem die Bewohner*innen teils fluchtartig und teils organisiert auf Lastwagen, die sie nach Südtirol bringen sollten, die Siedlung verlassen hatten. Sie richteten dort ein Kriegsgefangenlager und eine Zensurabteilung ein. Ende 1947 zog dort die ‚Organisation Gehlen‘ ein, die Keimzelle des späteren Bundesnachrichtendienstes (BND). 2019 gab der BND infolge Umzugs seiner Zentrale nach Berlin den Standort Pullach in großen Teilen auf. Ob auf dem Gelände ein historisch-dokumentarischer Informationsort eingerichtet wird, ist noch offen.

Quellen

Haerendel, Ulrike: „Reichssiedlung Rudolf Heß“, in: Winfried Nerdinger: Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, Salzburg u.a. 2006.
Meinl, Susanne/Hechelhammer, Bodo: Geheimobjekt Pullach. Von der NS-Mustersiedlung zur Zentrale des BND, Berlin 2014.

Empfohlene Zitierweise

Ulrike Haerendel: Reichssiedlung Heß (publiziert am 11.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/reichssiedlung-hess-690