Fritz Rosenthal (Schalom Ben-Chorin) (20.7.1913 München – 7.5.1999 Jerusalem)

Biographies
Verfasst von Ilse Macek

Jüdischer Schriftsteller und Religionsphilosoph, Emigrant, „Brückenbauer“ zwischen Judentum und Christentum

Fritz Franz Rosenthal verließ schon als Fünfzehnjähriger das deutsch-jüdische, akkulturierte Milieu seiner Familie, die Mutter Marie, geb. Schlüsselblum, sowie seine ältere Schwester Jeanne Selma. Der Vater, der Kaufmann Richard Rosenthal, war bereits 1924 verstorben. Fritz suchte in der streng orthodoxen Familie seines älteren Freundes Adolf Rotter, die in der Schellingstrasse wohnte, die Wurzeln des Judentums und trat der zionistischen Jugendbewegung Kadima bei. Nach der Reifeprüfung am Luitpold-Gymnasium studierte er von 1931 bis 1934 Germanistik und Religionswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München; gleichzeitig absolvierte er eine Buchhändlerlehre. Seine ersten kleineren Werke erschienen noch unter seinem ursprünglichen Namen.

Nach wiederholten Verhaftungen und Misshandlungen emigrierte Fritz Rosenthal 1935 nach Palästina und lebte in Jerusalem, wo er 1937 den Namen Schalom Ben-Chorin (Friede Sohn der Freiheit) offiziell annahm. Er war Chefkorrespondent der (deutschsprachigen) Tageszeitung Jedioth Chadaschoth. Die 1958 in Jerusalem von ihm gegründete erste progressive Reformgemeinde und Synagoge (Har El) markierte den Beginn der religiösen Reformbewegung in Israel. 1975 war er Mitbegründer des Verbands deutschsprachiger Schriftsteller Israels. 1943 heiratete er in zweiter Ehe die aus Eisenach stammende Avital (Erika) Fackenheim. Sie konnte mit einem Kindertransport gerettet werden, ihre Eltern und Großeltern waren ermordet worden. Sein Sohn Tovia Ben-Chorin, 1936 in Jerusalem geboren und aus der 1935 geschlossenen ersten Ehe mit Gabriella Rosenthal stammend, wurde ab 2009 liberaler Rabbiner in Berlin.

Ab den 1940er-Jahren hatte sich Schalom Ben Chorin, unter dem Einfluss Martin Bubers, insbesondere der Beziehung von Judentum und Christentum zugewandt. Ab 1956 besuchte er zu Gastvorlesungen und Vorträgen Deutschland und war 1961 Mitbegründer der ‚Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen‘ beim Evangelischen Kirchentag. Sein Werk mit nahezu 50 Büchern, davon nur vereinzelte in Hebräisch, fand große Beachtung, vor allem seine zwischen 1967 und 1971 verfasste Trilogie Die Heimkehr. Jesus, Paulus und Maria in jüdischer Sicht. 1975 nahm er eine Gastprofessur an der Universität Tübingen an, 1980 in München; danach lehrte er an der Theologischen Hochschule der Dormitio-Abtei in Jerusalem.

Schalom Ben-Chorin erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem Ehrendoktortitel der Universitäten München und Bonn. Zum 80. Geburtstag 1993 wurde ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern, die höchste zivile Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, verliehen. Seit 2009 ist das Arbeitszimmer aus seiner Jerusalemer Wohnung in der Originalausstattung im Stadtarchiv München zu besichtigen.



Quellen

Heusler, Andreas: Im Zweistromland. Schalom Ben Chorins Leben zwischen Isar und Jordan. Ausstellungsbroschüre Jüdisches Museum München, München 2010.
Raschke, Tobias: Zur Erinnerung an Schalom Ben Chorin: Das letzte Interview, in: haGalil.com. Jüdisches Leben online, 15.11.2000. URL: <http://www.hagalil.com/ben-chorin/ben-chorin-interview.htm> (zuletzt aufgerufen am 28.11.2023).

Empfohlene Zitierweise

Ilse Macek: Rosenthal, Fritz (Schalom Ben-Chorin) (publiziert am 18.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/rosenthal-fritz-schalom-ben-chorin-715