Alois Scheungrab (30.11.1908 München – unbekannt)

Biographies
Verfasst von Albert Knoll

Münchner Hotelangestellter, verfolgt als Homosexueller

Alois Scheungrab wuchs in München auf. Der gelernte Schuhmacher und als Hotelangestellter tätige junge Mann hatte seit seinem 21. Lebensjahr wiederholt Geschlechtsverkehr mit Männern gehabt. Im Sommer 1936 lernte er den sieben Jahre älteren Kaplan Franz Kraus kennen, von dem er sich zum Bier einladen ließ und mit dem er danach mehrmals sexuell verkehrte. Als Kraus im Oktober 1936 festgenommen wurde, gestand er bei den Befragungen, auch mit Scheungrab Kontakt gehabt zu haben. Scheungrab geriet bei den anschließenden Ermittlungen vor allem deshalb ins Visier, weil seit der Verschärfung des § 175 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) gewerbsmäßige Unzucht, also Prostitution, erheblich stärker bestraft wurde als zuvor. So wurde im Plädoyer bei der Gerichtsverhandlung im Oktober 1937 eine zweijährige Haftstrafe gegen ihn gefordert, die im Urteil vom 12. 4.1938 sogar noch auf zwei Jahre Zuchthaus verschärft wurde. Scheungrab wurde vom Gericht als Stricher charakterisiert, da er sich mit Naturalien und Geld ausbezahlen ließ. Wie es in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft heißt, wurde er „von dem ein für allemal gefassten Vorsatz geleitet, sich durch den unzüchtigen Verkehr eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen.“

Scheungrab ging mit dem Argument in Revision, dass nahezu sämtliche Taten vor der Verschärfung des § 175 gelegen hätten. Das Reichsgericht verwarf jedoch den Antrag und bestätigte das Urteil des Landgerichts München mit der Begründung, dass der am 1.9.1935 in Kraft getretene § 175a Nr. 4 RStGB gegenüber der früheren Regelung kein neues Verbot enthalte, sondern nur eine Erweiterung des früheren Straftatbestandes darstelle. Scheungrab, der zuvor schon im KZ Dachau inhaftiert war, wurde 1939 in das Strafgefangenenlager Börgermoor (Emsland I) gebracht und 1940 abermals über das KZ Dachau nach Neuengamme. Sein weiteres Schicksal ist noch unerforscht.

Quellen

Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaften 18005.
KZ-Gedenkstätte Dachau, Häftlingsregister.
Rainer Hoffschildt, Zentrale Erfassung Homosexuellendiskriminierung (ZEH), Hannover.

Empfohlene Zitierweise

Albert Knoll: Scheungrab, Alois (publiziert am 17.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/scheungrab-alois-740