Kurt Schneider (7.1.1887 Crailsheim – 27.10.1967 Heidelberg)

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Verfasst von Michael von Cranach

Leiter der Klinische Abteilung der Dt. Forschungsanstalt für Psychiatrie am Krankenhaus München-Schwabing

Kurt Schneider, 1937 | StadtAM, PA 11030-001-Foto

1922 eröffnete die von Emil Kraepelin 1917 gegründete „Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie aus Forschungsgründen auf dem Gelände des Krankenhauses München-Schwabing eine kleine Station von 22 Betten für die Behandlung psychisch kranker Menschen. 1928 wurde in der Nachbarschaft das neue Institutsgebäude der Forschungsanstalt eingeweiht und die klinische Abteilung erweitert. 1930 verfügte sie über 120 Betten. 1931 wurde der Psychiater und Philosoph Kurt Schneider zum Leiter der Abteilung berufen.

Es war damals übliche Versorgungspraxis, psychisch erkrankte Menschen aus München zunächst in eine der beiden psychiatrischen Kliniken im Stadtgebiet stationär aufzunehmen, um sie dann, nach diagnostischer Abklärung, im Falle einer längeren Behandlungsbedürftigkeit in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar zu verlegen. Von hier aus wurden später viele der verlegten Patienten im Rahmen der „Aktion T4“ in Vernichtungsanstalten weiterverlegt und ab Herbst 1941 in der Anstalt selbst ermordet. 1946 wurde die Abteilung geschlossen und von der US-Militärregierung als Lazarett genutzt. 1966 wurde sie wieder als Abteilung der inzwischen von der Max-Planck-Gesellschaft übernommenen „Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie“ eröffnet.

Kurt Schneider übernahm 1946 die Leitung der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Seine Beiträge zur psychiatrischen Diagnostik und Psychopathologie finden auch heute noch international Anerkennung. Er verhielt sich zum Nationalsozialismus zwar distanziert, war nicht Parteimitglied und lehnte mehrere Rufe auf Lehrstühle ab, hat aber trotzdem die Verlegungen in die Vernichtungsanstalten angeordnet und verantwortet. In Heidelberg setzte er sich für in den Nationalsozialismus verstrickte Kollegen ein und äußerte sich skeptisch gegenüber der Rückkehr emigrierter Hochschullehrer in die Fakultät. Er starb am 27.10.1967 in Heidelberg.


Quellen

Wertheimer, Waltraut: "Kurt Schneider - Leiter der Klinischen Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Psychiatrie im Schwabinger Krankenhaus", in: Macek, Ilse (Hg.): Ausgegrenzt - entrechtet - deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933-1945, München 2008, 444-446.

Empfohlene Zitierweise

Michael von Cranach: Schneider, Kurt (publiziert am 31.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/schneider-kurt-475