Gabriele Schwarz (24.5.1937 Marktoberdorf - 16.3.1943 KZ Auschwitz-Birkenau)

Biographies
Verfasst von Leo Hiemer

Holocaust-Opfer

Gabi Schwarz auf dem Hof ihrer Pflegeeltern Josef und Therese Aichele, um 1942 | Fotosammlung Resi Baumann, Rohrdorf

Gabrieles Mutter war die Jüdin Charlotte Eckart, geb. Schwarz, aus Augsburg; der Vater ist unbekannt. Vermutlich hielt Charlotte Eckart die Vaterschaft deshalb geheim, weil es sich um einen nichtjüdischen Mann handelte. Eine derartige Beziehung war seit den ‚Nürnberger Gesetzen‘ von 1935 verboten. Auf persönliche Empfehlung von Kardinal Faulhaber empfing Charlotte Eckart am 12.5.1937 in Marktoberdorf die Taufe, am 25.5.1937 wurde ihre neugeborene Tochter Gabriele („Gabi“) getauft. Trotz der Annahme des katholischen Glaubens galten Charlotte Eckart und ihre Tochter nach den NS-‚Rassengesetzen‘ weiterhin als jüdisch.

Die alleinstehende Frau suchte nach einer Pflegefamilie für die Tochter. Rosalie Häringer, die zehn Jahre als Köchin bei der Familie Schwarz in Augsburg gearbeitet hatte, vermittelte das drei Wochen alte Kind an ihre Schwester in Stiefenhofen im Allgäu. Josef und Therese Aichele, Eltern von vier Kindern, nahmen Gabi wie ihr eigenes Kind auf ihrem Hof auf.

Anlässlich der Einführung des gesetzlichen Zwangsnamens „Sara“ für jüdische Frauen und Mädchen zum 1.1.1939 erfuhren die Aicheles, dass Gabi nach nationalsozialistischer Gesetzgebung als Jüdin galt. Die im Ort alteingesessene Familie versuchte zwar, das Kind zu schützen, doch nach der Ermordung der leiblichen Mutter Charlotte Eckart in der Tötungsanstalt Bernburg im Juni 1942 unterrichtete die Hausbank der Familie Schwarz die Gestapo München über den Verbleib des Mädchens.

Die Gestapo wies im Februar 1943 den NSDAP-Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Johann Seelos an, das Kind wegzugeben. Die fünfjährige Gabi wurde nach München in die ‚Heimanlage für Juden Berg am Laim‘ gebracht. Zusammen mit dem Lehrer Johann Pletzer aus Stiefenhofen sprach ihr Pflegevater bei der Münchner Gestapo vor, um Gabi freizubekommen. Doch am 13.3.1943 wurde die Heimanlage aufgelöst und Gabi zusammen mit 218 anderen Menschen in das KZ Auschwitz deportiert. Dort wurde sie unmittelbar nach der Ankunft am 16.3.1943 in der Gaskammer ermordet.

Quellen

Archiv der Pfarrei St. Martin Marktoberdorf, Taufbuch Bd. XVI 1930-1942, S.95.
Archiv des Erzbistums München und Freising, Kardinal-Faulhaber-Archiv, 9400 Konvertiten, Michael Kardinal Faulhaber an das Katholische Pfarramt Markt Oberdorf vom 14.4.1937.
Stadtarchiv Marktoberdorf, Charlotte Eckart an das Standesamt Marktoberdorf vom 22.12.1938.
Staatsarchiv München, Stanw 29.499/1, Blatt 75, Vernehmung Johann Pfeuffer vom 3.1.1949.
Staatsarchiv München, Spruchkammerakten Johann Pfeuffer, K 1506.
Staatsarchiv München, Spruchkammerakten Johann Seelos, K 1504, Aussagen Landrat Ferdinand Waller vom 2.9.1948 und 31.1.1949.
Stadtarchiv München, Karteikarte Gabriele, EWK 65.
Staatsarchiv München, OFD München 8741, Listenauszug der Gestapo, Staatspolizeileitstelle München am 19.3.1943.
Wortprotokoll Zeitzeugen-Interview Resi Baumann (Haus der Bayerischen Geschichte, Zeitzeugen-Projekt).
Hiemer, Leo: Unveröffentlichtes Manuskript über das Schicksal von Charlotte Eckart und ihrer Tochter Gabriele Schwarz, Kaufbeuren 2015.

Empfohlene Zitierweise

Leo Hiemer: Schwarz, Gabriele (publiziert am 14.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/schwarz-gabriele-764