Sturmabteilung (SA)

Organizations
Verfasst von Peter Longerich

Paramilitärische Formation der NSDAP

SA-Männer nach der Demolierung der Redaktionsräume der Münchener Post am Altheimer Eck, 9.3.1933 | Stadtarchiv München, NS-00069

Bereits seit Sommer 1920 unterhielt die NSDAP einen Saalschutz, der im November 1920 unter der Bezeichnung „Turn- und Sportabteilung“ eine erste organisatorische Form erhielt. Nach der Übernahme des Parteivorsitzes im Juli 1921 schloss Hitler durch Vermittlung des Reichswehr-Hauptmanns Ernst Röhm ein Geheimabkommen mit dem Chef der illegalen Organisation Consul, Kapitän Ehrhardt, um die Truppe „militärisch“ auszubilden und in einen Wehrverband umzuformen. Die „Sturmabteilung“ (SA), diese Bezeichnung kam Ende 1921 auf, wurde damit als Ersatzformation in die Aufrüstungsvorbereitungen der Reichswehr einbezogen. Daneben bestand die Aufgabe der Truppe jedoch weiterhin in der handgreiflichen Auseinandersetzung mit politischen Gegnern.

Die Führung der SA übernahm Anfang 1923 der hochdekorierte Jagdflieger Hermann Göring. Im September 1923 bildete die SA zusammen mit anderen rechtsgerichteten Wehrverbänden den Deutschen Kampfbund, der eine scharfe Oppositionshaltung gegenüber der bayerischen Regierung einnahm, gleichzeitig aber durch Militär und Polizei in die Vorbereitungen für ein militärisches Vorgehen gegen die Linksregierungen im mitteldeutschen Raum bzw. gegen die Reichsregierung einbezogen wurde. Am Hitlerputsch vom 8.11.1923 nahm die SA mit etwa 1.500 bewaffneten Angehörigen teil. Nach dem Scheitern des Putsches wurde die SA verboten und führte ihr paramilitärisches Dasein unter der Bezeichnung „Frontbann“ und unter der Leitung von Röhm weiter.

Im Februar 1925 wurde die SA neugegründet. Nach seinen Erfahrungen mit den Militärs lehnte Hitler nun die von Röhm betriebene Konstruktion eines Wehrverbandes ab und wollte die SA lediglich als Hilfstruppe der Partei aufstellen. Röhm zog sich aus der Führung zurück, und erst 1926 wurde mit Franz Pfeffer von Salomon wieder ein Oberster SA-Führer ernannt. Die einheitlich braun uniformierte SA entwickelte sich in der nun folgenden sogenannten „Kampfzeit“ der NSDAP zum wichtigsten Träger der NS-Propaganda: Ihre Aufgabe bestand vor allem in der „Eroberung der Straße“, d.h. in der physischen Verdrängung des politischen Gegners von den Brennpunkten der innenpolitischen Auseinandersetzung. Durch ihr geschlossenes Auftreten und ihre provozierenden Aufmärsche symbolisierte sie die Geschlossenheit der NS-Bewegung. Sie bildete durch ihren militärischen Stil, ihren Aktionismus, aber auch durch die Betreuung und die Versorgung ihrer häufig mittellosen Mitglieder ein Gemeinschaftsgefühl aus, das die Grundlage einer eigenständigen SA-Subkultur bildete und für viele, überwiegend junge Männer, attraktiv war. Anfang 1933 besaß die SA eine Stärke von über 400.000 Mann.

Nach einer Meuterei in der mit dem „legalen“ Kurs der Parteiführung unzufriedenen Berliner SA übernahm Hitler Anfang September 1930 selbst die Position des Obersten SA-Führers und beauftragte im November Röhm, trotz dessen Ambitionen, aus der SA eine militärische Truppe zu formen, als „Stabschef“ mit der Führung der Parteitruppe. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war die Frage nach der künftigen Aufgabenstellung der SA im NS-Staat ungelöst. Röhm baute die SA zu einer Organisation mit insgesamt 4,5 Millionen Mitgliedern aus. Er drängte auf bevorzugte Versorgung seiner Leute, angemessene Mitsprache auf diversen Politikfeldern und insbesondere auf eine Führungsrolle der in eine Miliz umzuwandelnden SA auf militärischem Gebiet. Der hierdurch unvermeidbare Konflikt mit der Parteiführung und der Wehrmachtspitze fand seinen Abschluss in der gewaltsamen Entmachtung der SA-Führung am 30.6.1934, in deren Verlauf Röhm und zahlreiche SA-Führer ermordet wurden.

Unter ihrem neuen „Stabschef“ Viktor Lutze wurde die SA zahlenmäßig reduziert und vor allem in ihrer politischen Bedeutung drastisch beschnitten. Sie war nun vor allem eine Art Veteranenverband „Alter Kämpfer“ sowie eine Wehrsportorganisation; daneben übernahm sie diverse Hilfsfunktionen im NS-Staat. Dass in der SA nach wie vor ein erhebliches Gewaltpotenzial existierte, zeigte sich beim brutalen Vorgehen der SA gegen jüdische Bürger*innen während der Novemberpogrome 1938.

 

Quellen

Longerich, Peter: Geschichte der SA, München 2003.
Reichardt, Sven: Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der deutschen SA, Köln 2002.
Schumann, Dirk: Politische Gewalt in der Weimarer Republik 1918-1933. Kampf um die Straße und Furcht vor dem Bürgerkrieg, Essen 2001.
Siemens, Daniel: Sturmabteilung: Die Geschichte der SA, München 2019.

Empfohlene Zitierweise

Peter Longerich: Sturmabteilung (SA) (publiziert am 25.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/sturmabteilung-sa-817