Johannes Timm (13.4.1866 Schashagen / Holstein - 3.12.1945 München)

Biographies
Verfasst von Margrit Grubmüller und Kurt Lehnstaedt

SPD-Vorsitzender in Südbayern und Gewerkschaftssekretär in München

Der gelernte Schneider trat 1893 in die SPD ein. Er hatte verschiedene leitende Funktionen in Politik, Partei und Gewerkschaft inne. Von 1891 bis 1898 war er hauptberuflich Arbeitersekretär des Deutschen Schneider- und Schneiderinnenverbandes in Berlin. Damals verfasste er die Schrift Die Konfektions-Industrie und ihre Arbeiter, in der er aus der Not der Heimarbeiter*innen und der Rechtlosigkeit in Arbeitsverhältnissen das Erfordernis von Arbeitsschutzgesetzen und freien Gewerkschaften begründete: „Keine Mehrheit ist vorhanden, die auch nur annähernd gewillt ist, das Rüstzeug für eine durchgreifende Sozialreform zu liefern. Hierzu rechnen wir in erster Reihe die Sicherung eines uneingeschränkten Koalitionsrechts der Arbeiter für beide Geschlechter, eine den Bedürfnissen wirklich entsprechende Ausgestaltung der Fabrikinspektion unter Mitwirkung der Arbeiter und Arbeiterinnen, die Überwachung des Arbeiterschutzes durch ein Reichs-Arbeitsamt.“ (Timm, S. 72)

1898 übernahm er die Funktion des Arbeiter- und Gewerkschaftssekretärs in München. Hier wurde er Mitglied in der Abgeordnetenkammer von 1905 bis 1918, dann im Provisorischen Nationalrat Bayern 1918/19, danach von 1919 bis 1933 im Bayerischen Landtag, wo er Fraktionsvorsitzender der SPD war. Im Kabinett Kurt Eisner bekleidete er 1918/19 das Amt des Justizministers. In der SPD hatte er u.a. die Funktionen des Vorsitzenden des SPD-Bezirks Süd-Bayern von 1904 bis 1919 inne und war Mitglied der Kontrollkommission des Parteivorstands von 1908 bis 1919. Von 1920 bis 1931 arbeitete als Geschäftsführer der Reichszentrale für Heimatdienst Bayern.

Timm wurden am 31.3.1933 Pensionsansprüche entzogen, einschließlich der Zuwendungen aus der Unterstützungskasse des Vereins der Arbeiterpresse. Danach musste das nun völlig mittellose Ehepaar Timm 1934 einem von der Arbeitsfront angebotenen Vergleich zustimmen und in das Altenheim ‚Münchner Bürgerheim‘ ziehen, wo Timm im Dezember 1945 starb. Zuvor hatte er noch an der Neugründung der Münchner und der bayrischen SPD mitgewirkt. Eine Wiedergutmachung für die gesperrten Pensionsbezüge wurde für ihn und für seine Witwe abgelehnt.

Empfohlene Zitierweise

Margrit Grubmüller und Kurt Lehnstaedt: Timm, Johannes (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/timm-johannes-836