Tötungsanstalt Hartheim

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Verfasst von Sibylle von Tiedemann

Psychiatrische Klinik, eine der zentralen Anstalten zur Ermordung von behinderten und kranken Menschen in der NS-Zeit

Schloss Hartheim zwischen 1940 und 1944 | Privatbesitz Wolfgang Schuhmann

Schloss Hartheim in Oberösterreich bei Linz war eine Pflegeanstalt für Menschen mit Behinderung, bis sie im März 1940 zur dritten von insgesamt sechs Tötungsanstalten der „Aktion T4“ umgebaut wurde. Unter Leitung des Arztes Rudolf Lonauer wurden hier bis Dezember 1944 insgesamt etwa 30.000 Menschen durch Kohlenmonoxidgas ermordet, die meisten Patient*innen und Insass*innen von psychiatrischen Anstalten, Behinderteneinrichtungen und Fürsorgeheimen, aber auch Häftlinge aus den Konzentrationslagern Mauthausen, Gusen und Dachau sowie Zwangsarbeiter. Nach Abbruch der „Aktion T4“ im August 1941 ging das Morden im Rahmen der „Aktion 14f13“, der Tötung kranker und schwacher Häftlinge, weiter.

Zu Hartheim gehörte die Zwischenanstalt Niedernhart, in der, je nach den Kapazitäten der Tötungsanstalt, manche Personen einige wenige Tage vor der Ermordung untergebracht wurden. Hartheim war Ziel von 16 oder 17 Transporten aus der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar.

Die Totgeweihten wurden direkt nach der Ankunft entkleidet, einige zudem fotografiert. Für die Forschung interessante Opfer sowie Träger*innen von Zahnersatz aus Gold wurden gekennzeichnet, dann erfolgte die Vergasung in einer als Duschraum getarnten Gaskammer. In einem Sonderstandesamt wurden Todesurkunden mit fingierten Angaben zu Todesdatum und Todesursache ausgestellt. Hier wurden auch die sogenannten „Trostbriefe“ für die Angehörigen verfasst.

Unmittelbar nach dem Krieg diente Hartheim als Flüchtlingsunterkunft. 1948 wurde das Schloss samt der dazugehörigen Landwirtschaft an den oberösterreichischen Landeswohltätigkeitsverein zurückgegeben, das Gebäude aber nicht wieder als Behinderteneinrichtung genutzt. Seit 1954 wohnten 30 Mietparteien in den Räumlichkeiten. 1969 wurde eine erste Gedenkstätte eingerichtet. 1999 beschaffte man den Mieter*innen Ersatzwohnungen, und nach umfangreichen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten gibt es seit 2003 den Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim.

Quellen

Kepplinger, Brigitte/Marckhgott, Gerhart/Reese, Hartmut (Hg.): Tötungsanstalt Hartheim, Linz 2013.

Empfohlene Zitierweise

Sibylle von Tiedemann: Tötungsanstalt Hartheim (publiziert am 18.12.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/toetungsanstalt-hartheim-842