Karl Vossler (6.9.1872 Hohenheim – 18.5.1949 München)

Biographies
Verfasst von Elisabeth Kraus

Romanist, Rektor der Universität München 1926/27 und 1946

Karl Vossler (1872-1949) | Scherl/SZ Photo, 00650552

Der Sohn eines Agrarwissenschaftlers studierte Germanistik und Romanistik in Tübingen, Genf, Rom, Straßburg und Heidelberg. Nach Promotion 1897 und Habilitation 1900 jeweils in Heidelberg, übernahm er 1909 den Lehrstuhl für Romanistik in Würzburg. 1911 wurde er an die Universität München berufen.

Schon früh sprach sich der humanistisch gebildete und gesinnte Vossler gegen Nationalsozialismus und Antisemitismus aus und trat für die Weimarer Republik und ihre Symbole ein. Beim sogenannten Translokationsjubiläum 1926, das an die Verlagerung der Universität von Landshut nach München 100 Jahre zuvor erinnerte, ließ er als Rektor an den Gebäuden der Universität die Fahnen der Republik aufziehen und setzte sich für die Teilnahme auch jüdischer Verbindungen an den Feierlichkeiten ein. Dies scheiterte allerdings am geschlossenen Widerstand der anderen Korporationen. Bei der Reichsgründungsfeier im Januar 1927 bestand Vossler nunmehr auf der Teilnahme auch jüdischer Verbindungen, worauf die farbentragenden Burschenschaften der Veranstaltung fern blieben. Da auch der vorgesehene Festredner absagte, hielt Vossler selbst eine mutige Ansprache gegen die politischen Phrasen und Mythen der völkischen und nationalsozialistischen Jugend und nannte ein Bekenntnis der Universitäten zur Republik eine Notwendigkeit.

Wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ wurde er zum 1.10.1937 seines Amtes als Ordinarius enthoben. Für den NS-Dozentenbund war er ein weltanschaulicher Gegner der NS-Ideologie und Exponent „des Bündnisses zwischen Demokratie und Papismus“ (Böhm, S. 586).

Von März bis August 1946 wirkte Vossler als Rektor am Wiederaufbau der Universität mit. Bis zu seinem Tod lebte er in München, wo auch eine Straße nach ihm benannt ist.

Quellen

Böhm, Helmut: Von der Selbstverwaltung zum Führerprinzip. Die Universität München in den ersten Jahren des Dritten Reiches (1933-1936), Berlin 1995.
Hausmann, Frank-Rutger: Die Geisteswissenschaften im „Dritten Reich“, Frankfurt a.M. 2011.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Vossler, Karl (publiziert am 05.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/vossler-karl-862