Waffen-SS

Organizations
Verfasst von Peter Longerich

Bewaffnete Kampfverbänder der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS)

Waffen-SS war die sich seit Ende 1939 allmählich durchsetzende Bezeichnung für die Gesamtheit der diversen, schon seit längerem bestehenden bewaffneten Verbände der SS. Nachdem solche Verbände im Rahmen des Heeres am Krieg gegen Polen teilgenommen hatten, erreichte Himmler noch im Herbst 1939 die Aufstellung von drei SS-Divisionen. Es handelte sich im Einzelnen um die Totenkopfdivision, die aus den militärisch ausgebildeten KZ-Wachmannschaften aufgestellt wurde, des weiteren um die SS-Verfügungsdivision, bestehend aus den für innenpolitische Sicherungsaufgaben vorgesehenen SS-Verbänden sowie um die SS-Polizeidivision, die vor allem aus Angehörigen der Ordnungspolizei gebildet wurde.

Durch die Bezeichnung Waffen-SS sollte der Aufbau einer unabhängig von der Wehrmacht bestehenden Truppe sowie die Gleichwertigkeit der verschiedenen SS-Verbände betont werden. Mitte August 1940 bildete Himmler ein SS-Führungsamt als Kommandostelle zur militärischen Führung der Waffen-SS, dessen Leitung er sich zunächst selbst vorbehielt. Anfangs warb die Waffen-SS in Deutschland Freiwillige an, ging aber seit 1942 dazu über, junge Männer nach einem mit der Wehrmacht vereinbarten Schlüssel aus den neu aufgerufenen wehrpflichtigen Jahrgängen heranzuziehen. Außerhalb Deutschlands verpflichtete sie Volksdeutsche, insbesondere in Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien und in Ungarn, warb Freiwillige in den sogenannten ‚germanischen‘ Ländern Nord- und Westeuropas an und rekrutierte zunehmend aber auch ‚Fremdvölkische‘ in nahezu allen besetzten Gebieten außer in Polen. Streng wurde jedoch zwischen verschiedenen Kategorien unterschieden: SS-Divisionen (für Deutsche und Volksdeutsche), SS-Freiwilligen-Divisionen (für ‚germanische Freiwillige‘) sowie Waffen-Divisionen für sogenannte ‚Fremdvölkische‘, die aufgrund ihrer Herkunft nicht in die Allgemeine SS aufgenommen werden durften und eine Art von Fremdenlegion im Dienste der SS bildeten.

Insgesamt wurden 38 Divisionen aufgestellt, von denen aber nur gut die Hälfte im Krieg eingesetzt wurde, meist im Rahmen von eigenen SS-Korps, die in die Befehlshierarchie der Wehrmacht eingegliedert wurden. Die Waffen-SS erreichte eine Gesamtstärke von fast 600.000 Mann (1944). Sie galt als fanatische Elitetruppe. Ihre Angehörigen wurden ideologisch geschult und standen im Ruf besonderer Härte und Brutalität. Tatsächlich war ihr sprichwörtliches Draufgängertum häufig auf einen Mangel an militärischer Erfahrung sowie auf Führungsfehler zurückzuführen. Entgegen weit verbreiteter Vorstellungen waren die Verluste der Waffen-SS nicht höher als die vergleichbarer Wehrmachtsverbände.

Die Waffen-SS war verantwortlich für zahlreiche Kriegsverbrechen, so die Erschießung von britischen Kriegsgefangenen in Le Paradis im Mai 1940, das Massaker von Oradour im Juni 1944 oder die Erschießung amerikanischer Gefangener bei Malmedy im Dezember 1944. Die 1. und 2. SS-Brigade sowie die SS-Kavalleriebrigade, die direkt dem Kommandostab Reichsführer SS unterstellt waren, übernahmen durch die von ihnen verübten Massenerschießungen im Sommer 1941 eine Vorreiterrolle bei der Ingangsetzung des Holocausts in der besetzten Sowjetunion.

Quellen

Cüppers, Martin: Wegbereiter der Shoah. Die Waffen-SS, der Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939-1945, Darmstadt 2005.
Stein, George H.: Geschichte der Waffen-SS, Königstein im Taunus 1978.
Wegner, Bernd: Hitlers Politische Soldaten. Die Waffen-SS 1933-1945, Paderborn 2006.

Empfohlene Zitierweise

Peter Longerich: Waffen-SS (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/waffen-ss-863