Otto Z. (1897 – 1938 Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar)

Biographies
Verfasst von Annette Eberle

Wegen Krankheit verfolgter und in die Psychiatrie eingewiesener Münchner

Otto Z. (Pseudonym) wurde am 1897 in Ulm als einziger Sohn eines Bauarbeiters geboren. Sein Vater starb nach einem Sturz vom Gerüst bei Arbeiten am Ulmer Münster. Nach einer Lehre als Elektromonteur wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Er diente als Heizer in der Marinedivision in Wilhelmshaven. Dort zog er sich auch die Geschlechtskrankheit Lues zu. Er wurde zwar behandelt, doch erhielt er keine antiluetische Kur, die für eine vollständige Heilung notwendig gewesen wäre. Nach dem Krieg zog er nach München und gründete eine Familie mit zwei Kindern.

Dem NS-Regime stand er ablehnend gegenüber. Im November 1935 wurde er nach einem Verfahren wegen Hochverrats ins KZ Dachau überstellt. In einem Bericht der Gestapo heißt es zu den Hintergründen: „Der verheiratete Elektrotechniker [...], zuletzt wohnhaft in München […] wurde am 13.9.35 wegen kommunistischer Betätigung in Schutzhaft genommen und am 16.11.35 in das KL. Dachau eingeliefert“ (BAObb, EH, Patientenakten Nr. 5422). Im Konzentrationslager fiel der schlechte Zustand von Otto Z. im Jahr 1938 selbst den Bewachern auf. Er sei geistesgestört, spreche unartikuliert. Nach einem medizinisch-psychiatrischen Gutachten wurde festgestellt, dass er an einer Paralyse als Folge einer nicht ausgeheilten Lues leide. Das Geheime Staatspolizeiamt Berlin ordnete daraufhin die Unterbringung von Otto Z.  in einer geschlossenen Heil- und Pflegeanstalt an. Am 4.8. wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar überstellt. Dort starb er am noch im selben Jahr.

Nach dem Krieg beantragte seine Witwe Therese, den Krankheitsverlauf und die Todesursache ihres Mannes zu klären. Das Gesundheitsamt München kam am 5.8.1953 zu dem Schluss, „daß während des Konzentrationslageraufenthaltes die psychischen Auffälligkeiten [...] nicht ausreichend beachtet werden konnten“. Hätte Z. „in Arbeit gestanden, so wäre er sehr wahrscheinlich früher aufgefallen und rechtzeitiger in Behandlung gekommen. [...] Infolge der politischen Haft habe sich der Zustand des Kranken daher erheblich verschlechtert. […] Es ist anzunehmen, daß im Konzentrationslager die psychiatrische Diagnostik unzureichend war. Der Gutachter weiß aus eigener Erfahrung als Oberarzt der Nervenklinik, daß Geisteskranke lange unerkannt im Konzentrationslager geblieben sind, bis sie dort nicht mehr tragbar waren. Die einförmige Beschäftigung im Konzentrationslager hat ein übriges dazu getan, daß die Paralyse [...] erst spät erkannt wurde“ (ebd.). Daraufhin wurde der Witwe eine monatliche Rente in Höhe von DM 200.- sowie eine Kapitalentschädigung für sie und ihre Kinder zugesprochen.

Quellen

Archiv des Bezirks Oberbayern, Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, Patientenakten Nr. 5422.
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Landesentschädigungsamt 39088 (BEG 44454).

Empfohlene Zitierweise

Annette Eberle: Z., Otto (publiziert am 08.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/z-otto-636