Auch wenn sich die Themen der Schüler*innen häufig von der NS-Geschichte entfernen, sie sich zum Beispiel mit Umweltzerstörung, Korruption oder Gleichberechtigung beschäftigen, dient die historische Erinnerung als eine Art Trigger, um einen kritischen Blick auf die Gegenwart zu werfen – und zwar unabhängig davon, ob die Großeltern und Urgroßeltern den Nationalsozialismus selbst erlebt haben oder ob sie aus weit entfernten Ländern wie Afghanistan, Eritrea oder dem Irak stammen. Viele der Mitwirkenden haben Migrationshintergrund, einige sind erst kürzlich aus ihren Heimatländern geflohen. Von Beginn an waren daher die persönlichen Erfahrungen und Interessen der Schüler*innen Bestandteil des Ausstellungskonzeptes. So thematisieren die einen die Lebensbedingungen in ihren Herkunftsländern oder die Gründe für ihre Flucht. Andere beschäftigt vor allem der nach wie vor bestehende Rassismus und die damit verbundene Ausgrenzung in der Gesellschaft – Themen, die wiederum unmittelbare Anknüpfungspunkte an die NS-Geschichte möglich machen.
Für die künstlerische Umsetzung ihrer Themen nutzten die Schülerinnen und Schüler die spezifischen Materialien und Techniken ihrer Ausbildungsberufe. Die Fahrzeuglackierer*innen haben Handskizzen gefertigt, diese dann am Computer digitalisiert und auf Platten lackiert, die – verteilt über alle vier Ausstellungsgeschosse des NS-Dokumentationszentrums – freischwebend über den horizontalen Tischen der Dauerausstellung hängen. Die Maler*innen und Lackierer*innen fertigten aus Holzpaneelen Schattenrisse der eigenen Person an, während die Schilder- und Lichtreklamehersteller*innen ihre Gedanken typographisch gestalteten und auf intervall-gesteuerten Leuchtkästen in Szene setzen. Ihre Statements werden erst im Licht erkennbar, wenn zum Beispiel aus der Parole „Kein Platz für Juden“ die Aussage „Kein Platz für Juden-Hass“ wird. Einige Klassen haben sich dazu entschlossen, ein gemeinsames Kunstwerk zu erstellen. Auf 21 Holztafeln präsentieren die Gestalter*innen für visuelles Marketing ihre Ideen – jeweils in Verarbeitung eines Buchstabens. Nebeneinander und in Reihenfolge angeordnet entsteht das Motto: „Eine Welt viele Farben“. Die Vergolder*innen fertigten Kartonzylinder an, die gemeinsam ein großes Mobile ergeben, welches im Luftraum zwischen dem ersten und zweiten Ausstellungsgeschoss seinen Platz gefunden hat.
Das NS-Dokumentationszentrum München führt regelmäßig Kooperationen mit unterschiedlichen Schulen und verschiedenen Bildungseinrichtungen durch. Aus dieser Zusammenarbeit entstehen partizipative Projekte, an deren Entstehung die Schüler*innen aktiv beteiligt sind und die ihnen die Möglichkeit geben, eigene Schwerpunkte zu setzen und kreative Antworten auf Fragen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu finden: Was geht mich die NS-Geschichte heute noch an? In der historisch-politischen Bildungsarbeit geht es heute vor allem auch darum, demokratische Werte zu vermitteln und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass diese Werte nicht selbstverständlich gegeben sind – wie der gegenwärtig wieder zunehmende Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus zeigt. Mit der Städtischen Berufsschule für Farbe und Gestaltung konnte das NS-Dokumentationszentrum eine Kooperationspartnerin gewinnen, die sich seit vielen Jahren für eine solidarische Gesellschaft und gegen Diskriminierung einsetzt.