Über die Ausstellung
Das Archiv, das im Jüdischen Historischen Institut Emanuel Ringelblum in Warschau verwahrt wird, ist seit 1999 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Es besteht aus rund 35.000 Seiten: Notizen, Tagebucheinträgen, Aufsätzen, Fotos, Zeichnungen, amtlichen Dokumenten und anderen Zeugnissen des täglichen Lebens. Das ursprüngliche Ziel der Gruppe Oneg Shabbat war es, das Leben im Ghetto zu dokumentieren. Jüdinnen*Juden aus Warschau und weiteren polnischen Regionen, jüdische Deportierte aus Deutschland und aus den von Deutschen besetzten Ländern – darunter zum Christentum Konvertierte –, sowie Rom*nja lebten dort mit- und nebeneinander. In der bedrückenden Enge des abgeriegelten Ghettos inmitten der Warschauer Innenstadt versuchten sie zu überleben. Bis zu 460.000 Personen waren dort unter unmenschlichen Umständen zusammengepfercht.
Als ab 1942 zunehmend offenbar wurde, wohin die deutsche Besatzungspolitik führte, begann Oneg Shabbat die Shoah zu dokumentieren – den organisierten Massenmord an den europäischen Jüdinnen*Juden in den deutschen Vernichtungslagern im Osten. Die bis zu 60 Mitarbeiter*innen von Oneg Shabbat arbeiteten im Geheimen, ihre genaue Zahl steht bis heute nicht fest. Nur drei von ihnen überlebten die Shoah. Ein Großteil des Archivs jedoch überdauerte den Krieg, versteckt und vergraben unter den Ruinen des Ghettos.
Die Ausstellung hat eine radikale Innensicht des Ghettos aus jüdischer Perspektive geboten, indem sie die Überlieferung aus dem Oneg Shabbat-Archiv ins Zentrum stellte und die Dokumente und Fotos für sich sprechen ließ. Auf diese Weise ergab sich ein dichtes und facettenreiches Bild des Lebens, Leidens und Sterbens im Ghetto. Die Ausstellung machte das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos als Akt des Widerstands begreifbar: Als einen unendlich mühe- und qualvollen, aber letztlich erfolgreichen Versuch, die Geschichte der Shoah von jüdischer Seite aus zu schreiben, der Auslöschung des polnischen Judentums zum Trotz.