Amerikanische Militärregierung

Thema
Verfasst von Elisabeth Kraus

Oberste politische und Verwaltungsbehörde der amerikanischen Besatzungsmacht in Deutschland 1945 bis 1949

Nach der Kapitulation des Deutschen Reichs am 8.5.1945 wurde Deutschland von den Besatzungsmächten USA, Großbritannien, Sowjetunion und Frankreich in vier Besatzungszonen und Berlin in vier Sektoren aufgeteilt. Die amerikanische Besatzungszone umfasste das rechtsrheinische Bayern (ohne den Landkreis Lindau), Württemberg-Baden, Groß-Hessen (ohne die an die französische Zone gefallenen nassauischen und rheinhessischen Gebietsteile) sowie die Enklave Bremen. Der amerikanische Sektor von Berlin gehörte formell nicht zur amerikanischen Zone.

Aufgabe der amerikanischen Militärregierung bzw. des amerikanischen Militärgouverneurs und Oberbefehlshabers der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland war es, die oberste Gewalt auszuüben. Dies sollte zunächst in der eigenen Besatzungszone geschehen, aber gleichzeitig auch gemeinsam mit den Militärgouverneuren der anderen drei Besatzungsmächte im Alliierten Kontrollrat in Berlin hinsichtlich aller Deutschland als Ganzes betreffenden Angelegenheiten.

Mit der Erklärung vom 5.6.1945 übernahmen die Repräsentanten der vier Besatzungsmächte offiziell die oberste Regierungsgewalt; knapp vier Monate später wurde in Gestalt des Office of Military Government/United States (OMGUS) am 1.10.1945 eine einheitliche Exekutive und Organisation der gesamten amerikanischen Militärregierung für Berlin und die US-Zone geschaffen.

OMGUS vereinigte unter der Leitung von Generalleutnant Lucius D. Clay die beiden seit Februar bzw. August 1944 bestehenden konkurrierenden Planungsstäbe, die sich mit der künftigen Verwaltung des amerikanischen Besatzungsgebiets und der Tätigkeit der US-Gruppe im Alliierten Kontrollrat in Berlin beschäftigten. Zuvor war die Besatzungsverwaltung von Militärgouverneur Dwight D. Eisenhower ausgeübt worden, der im Heidelberger Hauptquartier der United States Forces/European Theater (USFET) residierte. Die tatsächliche Leitung lag allerdings in den Händen von Clay, der im April 1945 zum Stellvertreter Eisenhowers ernannt wurde und vorwiegend am Ort der Militärregierung in Berlin wirkte.

Ebenfalls zum 1.10.1945 wurden die in Frankfurt am Main verbliebenen Teile von USFET in Office of Military Government/US Zone (OMGUSZ) umbenannt und mit der Aufgabe versehen, die von OMGUS beschlossene Politik in der amerikanischen Zone auszuführen. Leiter dieser Frankfurter Dienststelle wurde Generalmajor Clarence L. Adcock. Das Personal von OMGUS bestand im November 1945 aus mehr als 4000 Amerikanern, 8000 deutschen Zivilbediensteten und 1200 deutschen Kriegsgefangenen.
Eine regionale Untereinheit von OMGUSZ war das Office of Military Government/Bavaria (OMGBY). Dieses hatte seinen Sitz in München und war in Divisions (Abteilungen), diese wiederum in Branches (Referate) unterteilt. Erster Chef der Militärregierung in Bayern war General Walter J. Muller. Sein Nachfolger wurde am 20.11.1947 (bis September 1949) Murray D. van Wagoner. Die Verwaltung auf dem Land übernahmen sog. ‚Detachments‘. OMGBY bestand bis September 1949, danach wurden ihre Befugnisse von einem Land Commissioner wahrgenommen. Am 30.6.1952 gingen dessen noch verbliebene Aufgaben auf das Amerikanische Generalkonsulat in München über.

Im März 1947 wurde Clay nach Eisenhower und General Joseph T. McNarney der dritte amerikanische Militärgouverneur in Deutschland. Gegen Ende der Besatzungsperiode folgte ihm in diesem Amt für kurze Zeit der anschließend als amerikanischer Hochkommissar fungierende John J. McCloy. Das am 21.9.1949 erlassene Besatzungsstatut regelte die Beziehungen zwischen der kurz zuvor gegründeten Bundesrepublik Deutschland und den drei Besatzungsmächten USA, Großbritannien und Frankreich. Danach gingen die verbliebenen besatzungsrechtlichen Kompetenzen der USA von OMGUS an den nunmehr dem US-Außenministerium unterstehenden amerikanischen Hochkommissar, den High Commissioner for Germany (HICOG), über.

In den ersten vier Jahren nach Kriegsende war OMGUS dem US-Kriegsministerium unterstellt. Es besaß grundsätzlich eine fünffach gegliederte Organisationsform. An der Spitze stand der Militärgouverneur, der, Armee und Besatzungsverwaltung miteinander verbindend, Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa und gleichzeitig Vertreter der USA im Alliierten Kontrollrat war. Die Verantwortung für die Leitung der administrativen Alltagsgeschäfte der US-Zone fiel dem stellvertretenden Militärgouverneur (Clay) zu. OMGUS selbst war als dritte Organisationsebene in Ämter (offices) und Hauptabteilungen (divisions) gegliedert, etwa für Finanzen, Wirtschaft, Reparationen, Justiz und Transportwesen. Die vierte Ebene bildeten die regionalen Dienststellen (field offices), d.h. die Militärregierungen für Bayern, Württemberg-Baden, Groß-Hessen, Bremen und den US-Sektor von Berlin. Als Sockel der OMGUS-Pyramide fungierten die örtlichen Militärregierungen in den Landkreisen. Mithilfe dieser Verwaltungsorganisation sollten die amerikanische Besatzungszone und der US-Sektor in Berlin nach der mit den anderen drei Alliierten vereinbarten Politik regiert werden, vorrangig jedoch nach den Vorgaben der OMGUS anleitenden Dienststellen in Washington.

Diese hatten sich nach einem langen und heftigen Meinungsstreit zunächst auf die Besatzungsdirektive JCS (Joint Chiefs of Staff) 1067 geeinigt, die in ihren restriktiven wirtschaftlichen und politischen Bestimmungen noch deutlich die Grundgedanken des sog. Morgenthau-Plans widerspiegelte. Abgeschwächt durch die im Potsdamer Abkommen getroffenen Regelungen zur Behandlung Deutschlands als politische und wirtschaftliche Einheit, wurde JCS 1067 in der konkreten besatzungspolitischen Praxis jedoch eher pragmatisch umgesetzt. Insbesondere Clay kam rasch zu der Auffassung, dass eine ausschließlich auf Bestrafung des deutschen Volkes ausgerichtete Nachkriegspolitik den Interessen der USA in Deutschland und Europa letztlich zuwiderlaufen würde. Die ab Juli 1947 geltende Besatzungsdirektive JCS 1779 war stattdessen konstruktiver angelegt und sah Maßnahmen zur wirtschaftlichen Erholung der - westlichen - Besatzungszonen vor, womit auch eine Anpassung an den beginnenden Ost-West-Konflikt vorgenommen wurde.

Mit der Einsetzung arbeitsfähiger Regierungen in den drei Ländern der US-Zone (Bayern, Württemberg-Baden und Groß-Hessen) übertrug die amerikanische Militärregierung den Deutschen nahezu die gesamte Verantwortung bei der Verwaltung Deutschlands und beschränkte gleichzeitig das Eingreifen der Kontrollbehörden auf ein Mindestmaß. Mit den Abstimmungen über die Länderverfassungen gegen Ende des Jahres 1946 war der föderalistisch geprägte Prozess der Einrichtung deutscher politischer Instanzen und deren demokratischer Legitimierung abgeschlossen. Die staatliche Neugestaltung von unten und die enge Zusammenarbeit von amerikanischen und deutschen Verwaltungsfachkräften reduzierten die Gefahr einer den Wiederaufbau lähmenden Frontstellung der Besetzten gegenüber der Besatzungsmacht.

Die Gestaltung des deutschen Regierungs- und Verwaltungsapparates gelang OMGUS relativ erfolgreich. Im Gegensatz dazu waren Eingriffe in die Tiefenstruktur der Gesellschaft nach dem Ende der NS-Herrschaft entweder nur - wie im Falle der Auflösung der Kartelle - halbherzig unternommen worden, blieben unwirksam oder wurden mit Beginn des „Kalten Krieges“ sogar rückgängig gemacht. So führten v.a. die Unzulänglichkeiten des Entnazifizierungsverfahrens statt zu Schuldverarbeitung und Säuberung zur Produktion von Abwehrhaltungen und einer monströsen Rehabilitierungskampagne.                                                                                   

Quellen

Kraus, Elisabeth: American Military Government, in: Rüdiger B. Wersich (Hg.): USA Lexikon, Berlin 1995, S. 62-64.
Krieger, Wolfgang: General Lucius D. Clay und die amerikanische Besatzungspolitik 1945-1949, Stuttgart 1987.
OMGUS-Handbuch. Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945-1949, hg. v. Christoph Weisz, München 1994.                                                               

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Amerikanische Militärregierung (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/amerikanische-militaerregierung-22