Maria „Masha“ Bruskina, 1924 Minsk – 26.10.1941 Minsk

Biografien
Verfasst von Andreas Eichmüller

Jüdische Krankenschwester, Mitglied des kommunistischen Widerstands in Weißrussland

Maria, genannt „Masha“, Bruskina wuchs im weißrussischen Minsk auf. Ihre Eltern waren jüdischer Herkunft. Die Mutter arbeitete im Buchhandelsbüro des Staatsverlags der Weißrussischen Sowjetrepublik. Auch Masha war eine überzeugte Kommunistin. Während ihrer Oberschulzeit führte sie eine Gruppe der Pioniere und war Mitglied im Schulkomitee dieser Jugendorganisation der Kommunistischen Partei. Im Juni 1941 schloss sie die Schule mit sehr guten Noten ab.

Wenig später wurde Minsk von deutschen Truppen besetzt, und Masha und ihre Mutter wurden von der Besatzungsverwaltung gezwungen, in das im Juli 1941 errichtete Ghetto für Juden zu ziehen. Es gelang ihr jedoch, aus dem Ghetto zu entkommen und unter falschem Namen und mit blondierten Haaren von den Behörden unerkannt in der Stadt zu leben. Sie schloss sich einer kommunistischen Untergrundorganisation an und arbeitete als freiwillige Krankenschwester in einem Hospital des Minsker Polytechnikums, das für verwundete sowjetische Kriegsgefangene eingerichtet worden war. Diese pflegte sie nicht nur, sondern versorgte sie nach Genesung auch mit Zivilkleidung und falschen Papieren, damit sie fliehen und sich den Partisan*innen anschließen konnten.

Einer der Krankenhauspatienten denunzierte sie bei der deutschen Besatzung. Am 14.10.1941 wurde sie von deutschen Soldaten festgenommen und inhaftiert. Die Militärkommandatur, die von der in München aufgestellten 707. Infanteriedivision unter Gustav von Bechtolsheim gebildet wurde, beschloss nach kurzer Untersuchung zur Abschreckung die öffentliche Hinrichtung von insgesamt zwölf mutmaßlichen Partisan*innen und Partisanenunterstützer*innen an unterschiedlichen Orten der Stadt.

Am 26. Oktober wurden Bruskina und zwei Männer vor der Brauerei und Hefefabrik Kristal von Angehörigen der Infanteriedivision erhängt. Zuvor waren die drei in einem Prangermarsch zum Hinrichtungsplatz geführt worden. Bruskina wurde ein Schild mit der zumindest in ihrem Fall nicht zutreffenden Aufschrift „Wir sind Partisanen und haben auf deutsche Soldaten geschossen“ (in Deutsch und Russisch) umgehängt. Die Leichen der Gehängten durften erst nach drei Tagen abgenommen werden. Masha Bruskinas Mutter wurde einige Zeit später bei einer der wiederkehrenden Ghettoräumaktionen ermordet. Ihr Vater überlebte als Soldat der Roten Armee den Zweiten Weltkrieg.

Während an die beiden erhängten Männer nach Kriegsende bald namentlich erinnert wurde und die bei der Hinrichtung aufgenommenen Fotos weltweit kursierten, blieb Masha Bruskina wohl vor allem aufgrund des latenten Antisemitismus der Sowjetbehörden offiziell lange das ‚unbekannte Mädchen‘. Erst eine 2009 am Hinrichtungsort angebrachte Gedenktafel nennt auch ihren Namen.        

Quellen

Arkadiev, Lev/Dikhtiar, Ada: The Unknown Girl, in: Yiddish Writers‘ Almanac 1, 1987, S. 161-204
Mukhina, Irina: Masha Bruskina, in: Cook, Bernard A. (Ed.): Women and War. A Historical Encyclopedia from Antiquity to the Present, Vol. 1, Santa Barbara 2006, S. 88f.
Nechama, Tec/Weiss, Daniel: A Historical Injustice: The Case of Masha Bruskina, in: Holocaust and Genocide Studies 11, 1997, S. 366-377.
Walke, Anika: Jüdische Partisaninnen – der verschwiegene Widerstand in der Sowjetunion, Berlin 2007.

Empfohlene Zitierweise

Andreas Eichmüller: Bruskina, Maria (publiziert am 22.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/bruskina-maria-111