Geheime Staatspolizei (Gestapo)

Organisationen
Verfasst von Joachim Schröder

Politische Polizei und „weltanschauliche Exekutive“ des NS-Regimes

Die Geheime Staatspolizei verfolgte die Menschen, die vom NS-System aus politischen, weltanschaulichen oder rassistischen Gründen als Gegner des Regimes angesehen wurden. Wichtigstes Instrument hierfür war die sogenannte „Schutzhaft“ – ein Machtinstrument, das keiner richterlichen Kontrolle unterlag. In Bayern firmierte diese Polizei-Gliederung bis zur „Verreichlichung“ im Oktober 1936 unter dem Namen „Bayerische Politische Polizei“, die im März 1933 aus der politischen Abteilung (Abteilung VI) der Polizeidirektion München hervorgegangen war. Ihr erster Leiter war Reinhard Heydrich. Das Personal bestand aus Beamten, die aus der übrigen Polizei übernommen worden waren, verstärkt durch SS-Angehörige, die zu „politischen Hilfspolizisten“ ernannt worden waren. Anders als von Zeitgenoss*innen wahrgenommen, war die Gestapo keine „allmächtige Behörde“. Aufgrund ihres verhältnismäßig kleinen Apparates, der ab 1935/36 in München etwa 300 Mitarbeiter*innen umfasste (darunter schätzungsweise 30 Frauen), war sie stets auf Hinweise aus der Bevölkerung sowie auf die Mitarbeit anderer Dienststellen angewiesen, insbesondere der anderen Gliederungen der Münchner Polizei.

Ihre Gegner*innen verfolgte die Gestapo mit äußerster Brutalität. Sie wurden gedemütigt, gefoltert, getötet oder in den Selbstmord getrieben. Die Gestapo war die treibende Kraft bei der Verfolgung und Deportation der Münchner Juden*Jüdinnen. Im Krieg war sie für die Überwachung der ausländischen Zwangsarbeiter*innen zuständig, die wegen geringfügigster Anlässe in KZ oder Arbeitserziehungslager eingewiesen wurden. Sonderkommandos der Münchner Gestapo ermordeten im KZ Dachau Hunderte sowjetischer Kriegsgefangener. Während des Krieges verbreiteten Münchner Gestapobeamte auch in den besetzten Gebieten Angst und Schrecken.

Nach 1945 wurden die meisten Beamten der Münchner Gestapo interniert, manchen gelang die Flucht ins Ausland, andere tauchten mit falschem Namen unter. Nur wenige mussten sich wegen der von ihnen begangenen Verbrechen verantworten. Einigen gelang auch die Rückkehr in den Polizeidienst.

Quellen

Aronson, Shlomo: Reinhard Heydrich und die Frühgeschichte von Gestapo und SD, Stuttgart 1971.
Dams, Carsten/Stolle, Michael: Die Gestapo. Herrschaft und Terror im Dritten Reich, München 2008.
Faatz, Martin: Vom Staatsschutz zum Gestapo-Terror. Politische Polizei in Bayern in der Endphase der Weimarer Republik und der Anfangsphase der nationalsozialistischen Diktatur, Würzburg 1995.
Kasberger, Erich: Karrierewege Münchner Gestapobeamter aus dem ‚Judenreferat‘. Eine Kollektivbiografie. in: Krauss, Marita (Hg.): Rechte Karrieren in München. Von der Weimarer Zeit bis in die Nachkriegsjahre, München 2010, S. 189-229.
Schröder, Joachim: Die Münchner Polizei und der Nationalsozialismus, hg. vom Polizeipräsidium München und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Essen 2013.

Empfohlene Zitierweise

Joachim Schröder: Geheime Staatspolizei (Gestapo) (publiziert am 30.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/geheime-staatspolizei-gestapo-258