Lida Gustava Heymann (15.3.1868 Hamburg – 31.7.1943 Zürich)

Biografien
Verfasst von Sabine Schalm

Journalistin, Frauenrechtlerin, Pazifistin

Lida Gustava Heymann (1868-1943), Aufnahme von 1924 4_08_023_08a | The Women's International League for Peace and Freedom Records, Swarthmore College Peace Collection

Lida Gustava Heymann wuchs in einer vermögenden, großbürgerlichen Kaufmannsfamilie auf und besuchte eine höhere Töchterschule in Hamburg und ein Pensionat in Dresden. 1885 kehrte sie nach Hamburg zurück, unterrichtete an einer Armenschule und leitete eine Nähschule. Nach dem Tod des Vaters 1896 führte sie dank ihres Erbes ein finanziell unabhängiges Leben. Sie finanzierte soziale Projekte wie ein Frauenzentrum mit Kinderbetreuung und Mittagstisch. Sie richtete eine Frauenberatungsstelle ein und veranstaltete Vorträge und Konzerte.

In Berlin begegnete sie 1896 auf dem ersten internationalen Frauenkongress ihrer späteren Lebensgefährtin Anita Augspurg, mit der sie seit der Jahrhundertwende für die Gleichberechtigung von Frauen kämpfte. 1902 zählte Heymann zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht. 1914 bis 1918 forderte sie öffentlich das sofortige Ende des Krieges.

An der Revolution 1918/19 nahm sie als Mitglied des Provisorischen Nationalrats in Bayern teil. Seit 1919 war sie Vizepräsidentin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) und Mitherausgeberin der Zeitschrift Frau im Staat, die entschieden vor dem antisemitischen Terror der Nationalsozialisten warnte. Auch die Versammlungen der IFFF wurden daraufhin gewaltsam gestört. 1923 forderte Heymann mit einer Frauendelegation erfolglos die Ausweisung Adolf Hitlers. Immer weniger fühlten sich Heymann und Augspurg in der „einstmaligen Kunststadt“ zu Hause. München habe sich zu einer „sterbenden Stadt“ entwickelt: „krank, kriegs- und bierverblödet“ (Frau im Staat, Juli 1928). Häufig reisten die beiden Frauen ins Ausland. Die letzte Friedenskundgebung der IFFF fand im Januar 1933 in München statt.

Heymann befand sich Ende Januar 1933 mit Anita Augspurg außer Landes. Sie kehrte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht mehr nach Deutschland zurück. Ihr Münchner Büro der IFFF wurde im März 1933 verwüstet, das gesammelte Material der deutschen Frauenbewegung vernichtet und ihr Besitz konfisziert. Mit Anita Augspurg emigrierte sie in die Schweiz. 1941 schrieb sie die Memoiren Erlebtes – Erschautes, die trotz Phasen von Resignation bemerkenswert optimistisch resümieren: „Besitz und Vermögen hatte man uns stehlen können, nicht aber geleistete Arbeit im Kampf um Freiheit, Recht und Frieden“ (Heymann, S. 314).

Lida Gustava Heymann starb 1943 an Krebs. Bis zur Wiederauflage ihrer Memoiren 1972 blieben sie und ihr Wirken nahezu vergessen. Erst neue Studien seit 2001 würdigen die Bedeutung der engagierten Frauenrechtlerin.

Quellen

Frau im Staat, 7. Juli 1928.
Bast, Eva-Maria: Lida Gustava Heymann. Für die Frauenrechte – Die Freiheit nehmen sie uns nicht, in: dies.: Hamburger Frauen. Historische Lebensbilder aus der Stadt an der Elbe, Überlingen 2019.  
Briatte, Anne-Laure: Bevormundete Staatsbürgerinnen. Die radikale Frauenbewegung im Deutschen Kaiserreich, Frankfurt 2019.
Dünnebier, Anna/Scheu, Ursula: Die Rebellion ist eine Frau. Anita Augspurg und Lida G. Heymann; das schillerndste Paar der Frauenbewegung, München 2002.
Heymann, Lida Gustava/Augspurg, Antia: Erlebtes - Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940, hg. von Margrit Twellmann, Frankfurt am Main 1992.
Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, München 2001.

Empfohlene Zitierweise

Sabine Schalm: Heymann, Lida Gustava (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/heymann-lida-gustava-340