‚Nürnberger Gesetze‘

Ereignisse
Verfasst von Angela Hermann

Zentrale gesetzliche Grundlage für die Judenverfolgung im NS-Staat

Bildtafel zum ‚Blutschutzgesetz‘ vom 15. September 1935 | United States Holocaust Memorial Museum Collection, Gift of Virginia Ehrbar through Hillel at Kent State University, 1996.113.1

Die ‚Nürnberger Gesetze‘ aus dem Jahr 1935 bildeten eine wesentliche gesetzliche Basis für die nationalsozialistische Verfolgung der deutschen Juden*Jüdinnen, indem sie festlegten, wer als ‚Jude‘ galt, und somit eine juristische Unterscheidung zwischen ‚Juden‘ und sogenannten ‚Ariern‘ ermöglichten. Die ‚Nürnberger Gesetze‘, die am 15. September 1935 vom gleichgeschalteten ‚Reichstag‘ während des Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg beschlossen wurden, umfaßten das sogenannte ‚Blutschutzgesetz‘ (Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre), das Reichsbürgergesetz und das Reichsflaggengesetz.

Das folgenschwerste der Gesetze war das Reichsbürgergesetz, das eine „Reichsbürgerschaft“ einführte und damit die Staatsangehörigkeit entwertete, die bis dahin alle Deutschen unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion besaßen. Das Gesetz sah vor, die „Reichsbürgerschaft“, an die nun die staatsbürgerlichen Rechte gebunden waren, Menschen ‚arischer‘ Abstammung vorzubehalten: „Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“. Angehörige von Minderheiten wie Juden*Jüdinnen oder Sinti*zze und Rom*nja konnten keine „Reichsbürgerschaft“ erwerben oder besitzen und wurden somit zu Bürgern zweiter Klasse degradiert. Die Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14.11.1935 definierte, wer als Jude oder als „jüdischer Mischling“ galt: Personen mit einem oder zwei jüdischen Großelternteilen waren „Mischlinge“, solche mit drei oder vier jüdischen Großelternteilen galten als „Volljuden“. Ein Großelternteil wiederum galt als „jüdisch“, wenn dieser der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte. „Volljuden“ waren auch diejenigen Menschen mit mindestens einem jüdischen Großelternteil, die sich der jüdischen Religion zugehörig fühlten. Diese erste Verordnung legte auch fest, dass nur der „Reichsbürger“ „Träger der vollen politischen Rechte“ sein durfte. Weitere Verordnungen legten Betätigungsverbote für Menschen jüdischer Abstammung fest oder bestimmten den Verfall ihres Vermögens an den deutschen Staat bei „Aufenthalt im Ausland“, was bei der Einführung 1941 in der Regel Deportation bedeutete.

Das ‚Blutschutzgesetz‘ verbot Eheschließungen und außereheliche sexuelle Beziehungen zwischen Menschen jüdischer Abstammung und ‚Ariern‘. Bereits geschlossene Ehen zwischen Juden*Jüdinnen und ‚Ariern‘ waren davon nicht betroffen, doch wurde auf die Betroffenen oftmals starker Druck ausgeübt, ihre Ehen aufzuheben.

Das Reichsflaggengesetz bestimmte die Hakenkreuzflagge zur Reichs- und Nationalflagge sowie zur Handelsflagge. Juden*Jüdinnen wurde das Hissen der Hakenkreuzflagge verboten.

Quellen

Reichsgesetzblatt, Teil I, 1935, S. 1146 f. und 1333.
Brechtken, Magnus u.a. (Hg.): Die Nürnberger Gesetze - 80 Jahre danach, Bonn 2017.
Essner, Cornelia, Die „Nürnberger Gesetze“ oder die Verwaltung des Rassenwahns 1933-1945, Paderborn u.a. 2002.


Empfohlene Zitierweise

Angela Hermann: Nürnberger Gesetze (publiziert am 16.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/nuernberger-gesetze-621