Quellen
Rabe, Paul-Moritz: Die Stadt und das Geld. Haushalt und Herrschaft im nationalsozialistischen München, Göttingen 2017.
Eintritt frei
Münchner Stadtkämmerer; Stellvertreter von Oberbürgermeister Karl Fiehler
Den Beamten des öffentlichen Dienstes kam eine große Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des NS-Regimes zu. Eine zentrale Figur innerhalb der Stadtverwaltung Münchens war der berufsmäßige Stadtrat und Stadtkämmerer Andreas Pfeiffer. Er trug maßgeblich dazu bei, die nationalsozialistische Kommunalpolitik in verwaltungs- und haushaltsrechtlich korrekter Weise umzusetzen. Ab 1941 agierte er zudem als Stellvertreter von NSDAP-Oberbürgermeister Karl Fiehler.
Andreas Pfeiffer wurde als Sohn eines Postbeamten im mittelfränkischen Wassertrüdingen geboren. Zwischen 1902 und 1906 studierte er in Erlangen und München Jura. Anschließend absolvierte er die Ausbildung für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst, die er als Zweitbester seines Jahrgangs abschloss. Am 25.7.1914 trat Pfeiffer in den Dienst der Stadtverwaltung ein – drei Tage bevor das Habsburger Reich Serbien den Krieg erklärte. Während des Ersten Weltkriegs profilierte sich Pfeiffer in zwei für die „Heimatfront“ äußerst wichtigen Funktionen: zunächst als Wohnungsreferent und ab 1916 in der Position des Leiters des Lebensmittelreferats.
An die Spitze des Finanzreferats wechselte Pfeiffer neun Jahre später, im Juli 1925. Bei der Amtsübernahme, die wie heute per Wahl erfolgte, erhielt er nicht nur die Unterstützung der BVP um den damaligen OB Karl Scharnagl, sondern auch die der NSDAP-Fraktion. Wie die gesamte Führungsriege seines Referats blieb auch Andreas Pfeiffer über die Zäsur des Jahres 1933 im Amt. Der national-konservativ geprägten Verwaltungsfachmann zeigte sich sehr anpassungsfähig. Noch im selben Jahr trat er der NSDAP bei, vermutlich weniger aus innerer Überzeugung, sondern vor allem, um seinen Posten und Einfluss zu sichern.
Pfeiffer war aufgrund seines Fachwissen für das braune Stadtregiment bald unentbehrlich. Mit OB Fiehler entwickelte sich ein kooperatives und vertrauensvolles Arbeitsverhältnis. Der Kämmerer zeichnete sich nicht nur durch Fleiß und Loyalität aus, sondern auch durch seinen Erfindungsreichtum zum Vorteil einer NS-spezifischen Kommunalpolitik. Die ihm unterstellten Dienststellen Einziehungsamt, Steueramt und Stadthauptkasse beteiligten sich tatkräftig und eigeninitiativ an der Verfolgung von Münchner Jüdinnen und Juden, etwa durch eine besonders restriktive Auslegung der Steuereintreibung.
Nach Kriegsende, am 14.5.1945, stellte Pfeiffer einen Antrag auf Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Er kam damit der Absetzung durch die Militärregierung zuvor, die vorübergehend seine Pensionszahlungen stoppte. Im Rahmen des Spruchkammerverfahrens vom April 1948 wurde Pfeiffer als „Mitläufer“ eingestuft und zu einer Geldstrafe von 2000 RM verurteilt. In den Zeugenaussagen findet sich ein damals typisches Entlastungsnarrativ wieder, demzufolge Verwaltungstätigkeiten in der NS-Zeit angeblich „unpolitisch“ gewesen seien. Die städtischen Finanzen, so urteilte damals etwa der spätere Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, habe Andreas Pfeiffer „immer rein und sauber“ geführt. Er starb am 23.10.1956 und wurde auf dem Münchner Nordfriedhof beerdigt.
Rabe, Paul-Moritz: Die Stadt und das Geld. Haushalt und Herrschaft im nationalsozialistischen München, Göttingen 2017.