Franz Winterstein (15.7.1899/15.6.1900 Ungarn – vermutlich Herbst 1943 KZ Auschwitz)

Biografien
Verfasst von Sarah Grandke/Andreas Eichmüller

Verfolgter Sinto, lebte als Händler in Niederbayern und der Oberpfalz

Franz Winterstein, Ausweisfoto, um 1921 | Staatsarchiv München

Franz Winterstein stammte aus Ungarn, hielt sich aber seit mindestens 1920 in Südbayern auf. Um 1935 lebte er mit Frau Barbara und seinen Kindern in der Oberpfalz. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als reisender Textilhändler. 1936 verhängten die Behörden gegen ihn eine zweijährige Haft im Arbeitshaus Rebdorf, die jedoch mit der Maßgabe ausgesetzt wurde, dass Winterstein sein Haus bei Roding verkaufte und als Nicht-Deutscher das Land verließ. Da Frau und Kinder in Deutschland blieben, kehrte er allerdings nach einiger Zeit wieder zurück.

Im März 1943 wurden er und seine Ehefrau mit sechs ihrer Kinder im Landkreis Landau an der Isar, wo die Familie nun lebte, verhaftet und nach München ins Polizeigefängnis gebracht. Nur wenige Tage später erfolgte der mehrtägige Transport ins ‚Zigeunerlager‘ Auschwitz-Birkenau. Die Verhältnisse im Lager und besonders die hygienischen Zustände waren katastrophal. Beim Eintreffen der Sinti*zze und Rom*nja aus München befand sich der Lagerabschnitt in Birkenau noch im Bau. Sauberes Wasser war nicht vorhanden, die Kanalisation wurde erst nach Monaten notdürftig fertig gestellt. Krankheiten breiteten sich aus und schwächten die Häftlinge, die zudem einer planmäßigen Unterernährung ausgesetzt wurden und auch noch Zwangsarbeit leisten mussten.

Bis auf Tochter Anna kamen alle deportierten Familienmitglieder in Auschwitz-Birkenau zu Tode. Sie wurde im Sommer 1944 als ‚noch arbeitsfähig‘ eingestuft und über das KZ Ravensbrück ins KZ Flossenbürg/Außenlager Graslitz verschleppt, wo sie Zwangsarbeit in einem Rüstungsunternehmen leisten musste. Bei Kriegsende wurde sie befreit und lebte anschließend wieder in Bayern.

Quellen

Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau Oświęcim, Datenbankzugriff 5.8.2013; Sterbeurkunde/akt zgonu 31031/1943.
Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D 859 581; Korrespondenzakte 485 690; Individuelle Unterlagen Anna Winterstein, Flossenbürg, 1.1.8.4/ITS Digital Archive; Auflistung weibliche Häftlinge im Außenlager Graslitz/22.1.45 (Anna Winterstein), Flossenbürg, 1.1.8.1/38971495/ ITS Digital Archive.
Staatsarchiv Landshut, Rep. 164/3, Nr. 1854.
Staatsarchiv München, Wiedergutmachungsakte Az, WBI-N 4642.

Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke/Andreas Eichmüller: Winterstein, Franz (publiziert am 08.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/winterstein-franz-896