Erinnerungsort Ehem. Zwangsarbeitslager Neuaubing, Außenansicht von Baracke 5, 2017 © NS-Dokumentationszentrum München | Foto: Connolly Weber Photography

Meldung

Erinnerungsort Neuaubing

Bund fördert Dependance des NS-Dokumentationszentrums München

Der Erinnerungsort Ehemaliges Zwangsarbeitslager Neuaubing erhält für die Einrichtung einer Dependance des NS-Dokumentationszentrums vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) im Rahmen des Programms Nationale Projekte des Städtebaus 2021 eine Förderung in der Höhe von 1,66 Millionen Euro. Das Programm unterstützt investive und konzeptionelle Vorhaben mit besonderer nationaler bzw. internationaler Wahrnehmbarkeit, mit hoher baukultureller Qualität sowie Projekte mit hohem Innovationspotenzial. Insgesamt 98 Städte und Gemeinden aus ganz Deutschland hatten sich um die Förderung beworben.

Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Mit der Dependance des NS-Dokumentationszentrums im ehemaligen Zwangsarbeiterlager Neuaubing erinnern wir an die über 150.000 Zwangsarbeiter*innen, die während des Zweiten Weltkriegs im Stadtgebiet von München zwangsweise eingesetzt waren. Am Gesamtkonzept des künftigen Ausstellungsortes beeindruckt mich besonders, dass es unter dem Zeichen der Begegnung steht: die aktuellen, lebendigen Nutzungen sollen erhalten bleiben und zugleich kommt ein Ausstellungsraum hinzu, der die Erinnerung wach hält.” In der Ehrenbürgstraße 9, im westlichen Münchner Stadtteil Neuaubing, existieren acht Baracken eines ehemaligen NS-Zwangsarbeiter*innenlagers, in dem während der NS-Zeit zwischen 500 und 1.000 ausländische Zwangsarbeiter*innen untergebracht waren. Sie arbeiteten für das nahe gelegene Ausbesserungswerk der Reichsbahn. Als einziges noch erhaltenes Lagerensemble dieser Art im süddeutschen Raum steht das gesamte Areal unter Ensembleschutz. Alle Baracken, die bauzeitlichen Zaunreste sowie zwei Kleinbunker sind außerdem als Einzeldenkmäler ausgewiesen. Aktuell zeichnet sich das Gelände durch seine besondere, seit Jahrzehnten gewachsene soziokulturelle Vielfalt aus. Die Baracken werden von Künstler*innen, Handwerker*innen einer privaten Kindertagesstätte sowie einer Kinder- und Jugendfarm genutzt.

Seit 2015 ist das Areal im Eigentum der Stadt München und liegt im Sanierungsgebiet Aubing-Neuaubing-Westkreuz.Die Gesamtkoordination liegt bei der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS). Nach der bereits erfolgten Umsetzung erster baulicher Sicherungsmaßnahmen durch die GWG München im Auftrag des Kommunalreferates soll das Gelände in den nächsten Jahren denkmal- und naturschutzgerecht saniert und weiterentwickelt werden. Die aktuellen Nutzungen werden erhalten und um eine Dependance des NS-Dokumentationszentrums ergänzt. Dabei soll ein öffentlicher Raum für Geschichte, Kunst, Handwerk und Begegnung entstehen. Das hierfür zu entwickelnde planerische Gesamtkonzept wird die Vernetzung mit der Umgebung und die Einbindung in die übergeordnete Grünbeziehung berücksichtigen. Hierfür wird in diesem Jahr – unterstützt aus Mitteln der Städtebauförderung – ein Realisierungswettbewerb ausgelobt.

Die Einrichtung von Ausstellungs- und Vermittlungsräumen für das NS-Dokumentationszentrum, die Gegenstand der Bundesförderung ist, bildet den ersten Bauabschnitt im Rahmen der Gesamtsanierung des Areals. Die Räume werden sich in zwei der acht Baracken auf zirka 700 Quadratmetern erstrecken.

Kulturreferent Anton Biebl: „Mit dieser Dependancewird eine Lücke in der lokalen Erinnerungslandschaft geschlossen. Wir werden neue Wege der Erinnerungskultur beschreiten. In unseren Planungen setzen wir auf eine geteilte Nutzung des Geländes. Kunst, Handwerk und Geschichtsvermittlung werden hier ihren gemeinsamen Platz haben.”

Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums: „Viele Münchner Betriebe, kleine wie große, haben von der fast immer unbezahlten Arbeitsleistung zehntausender Zwangsarbeiter*innen profitiert. In Neuaubing wird ein Erinnerungsort entstehen, der sich ihrer Geschichte widmet, und Fragen aufwirft über Kontinuitäten der Ausbeutung. Wir wollen einen Ausstellungsraum entwickeln, der sich in die Nachbarschaft der aktuellen Nutzung durch Künstler*innen, Kinderund Jugendliche einfügt und den heute lebendigen Ort sensibel mit seiner gewaltvollen Vergangenheit in Verbindung setzt.”

Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, die sich gemeinsam mit den Vertreter*innen des Kommunalreferats und des Kulturreferats für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Ortes einsetzt, betont: „Einmal mehr erweist sich die Stadtsanierung als wichtiger Motor für verantwortungsvolle Stadtentwicklung.”