Installation Gedenken an Kehat Schor am NS-Dokumentationszentrum München | © NS-Dokumentationszentrum München, Foto: Connolly Weber Photography

Installation

Gedenken an Kehat Schor

Installation am NS-Dokumentationszentrum München
25. Juli bis 31. Aug. 2022

Im Rahmen des Projekts Zwölf Monate – Zwölf Namen. 50 Jahre Olympia-Attentat München erinnert vom 25. Juli bis 31. August 2022 eine multimediale Installation der Künstler*innen Saba Bussmann und Horst Konietzny an den Olympia-Athleten Kehat Schor. An den Fenstern des NS-Dokumentationszentrums München, auf Plakaten, Flaggen und einer Litfaßsäule wird sein Portrait gezeigt, und Schor in den Worten seiner Tochter Michal vorgestellt. Kehat Schor war Nationaltrainer der israelischen Sportschützen. Geboren in einem kleinen Dorf bei Iasy hatte er den Holocaust versteckt in den rumänischen Karpaten überlebt. Schon in seinem Geburtsland wurde Schor zu einem bekannten Sportschützen, ehe er 1963 nach Israel auswanderte und Trainer wurde. Während der olympischen Spiele in München 1972 war er zusammen mit anderen israelischen Sportlern von palästinensischen Terroristen als Geisel genommen worden. Der Versuch deutscher Polizeikräfte, die Gefangenen auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck gewaltsam zu befreien, scheiterte, und Kehat Schor starb an einer Schussverletzung. 

In einem Interview von 2014 berichtet seine Tochter, Michal Schor, über die belastende Situation für die Familie, die von der Geiselnahme aus dem Radio erfuhr. Von offizieller Seite zunächst beschwichtigt, stellte sich am Morgen nach dem Attentat heraus, dass nicht alles in Ordnung war: „In the morning we understood that not everything is ok.”, so Michal Schor. Es sind diese Zitate, die Horst Konietzny zum Konzept der Installation bewegt haben. Die Worte der Tochter kombiniert der Künstler mit einem ausdrucksstarken schwarz-weiß Bild Kehat Schors. Dessen melancholisch ruhiger Blick, die Augen eines erfolgreichen Sportschützen, bilden die Konstante der Installation – auch und besonders im Kontrast zu dem bunten Sportevent, das im August den Münchner Königplatz überlagert. 

„Für mich sind Erinnerungsprojekte immer wieder eine ganz besondere Herausforderung. Denn ihr Appell kann so leicht verhallen im lauten Vielerlei des jeweiligen Kontextes. Das Gedenken an Kehat Schor findet im Monat August am Münchner Königsplatz statt, der zu dieser Zeit dominiert sein wird durch ein großes Sportereignis. Das war eine besondere Herausforderung für das Konzept und die Umsetzung, denn mit einer spektakulären Inszenierung die Aufmerksamkeit des Sportevents noch zu übertrumpfen, kam von Anfang an nicht infrage. Dies würde der Persönlichkeit Kehat Schors nicht gerecht. Und so gab das Portrait Schors in gewisser Weise die Antwort. Schor beobachtet das Treiben, ein stummer Zeuge der Gegenwart. Das Zeugnis der Vergangenheit liegt in den Worten seiner Tochter“

Horst Konietzny über die Arbeit an diesem Projekt

Die Zitate aus dem Interview mit Michal Schor sowie die Augen Kehat Schors, finden sich auf allen Medien der Installation an und vor dem NS-Dokumentationszentrum sowie – durch die freundliche Unterstützung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München – zwischen dem 11. und 26. August auch am U-Bahnhof Königsplatz sowie an der Mauer des Lenbachhauses an der Luisenstraße. An den Standorten am Lenbachhaus und dem U-Bahnhof blicken die Betrachter*innen in die Augen Kehat Schors und lesen Auszüge aus dem Interview seiner Tochter. Je weiter sie diesem Blick folgen und je näher sie an das NS-Dokumentationszentrum herankommen, desto deutlicher setzt sich das Gesicht Schors zusammen, werden seine Gesichtszüge erkennbar, ergeben die Zitate ein Ganzes, bis sich schließlich an der Litfaßsäule auf dem Max-Mannheimer-Platz der Gesamtkontext um die Person Kehat Schor erschließt. 

Die Installation ist Teil des Erinnerungsprojekts Zwölf Monate – Zwölf Namen. 50 Jahre Olympia-Attentat München. Im Rahmen des ganzjährigen Programms erinnern Interventionen im öffentlichen Raum an das Attentat vom 5.-6. September 1972. Jeden Monat steht eines der zwölf Opfer im Mittelpunkt des Gedenkens, das von unterschiedlichen Kooperationspartner*innen wie dem Historischen Verein Fürstenfeldbruck e.V., dem Deutschen Theater, der Polizeihochschule Fürstenfeldbruck und dem Polizeipräsidium München sowie weiteren Kultur- und Bildungseinrichtungen und anderen Interessierten umgesetzt wird. Konzipiert und koordiniert wird das Erinnerungsprojekt vom Jüdischen Museum München in Zusammenarbeit mit dem NS-Dokumentationszentrum München, sowie mit dem Generalkonsulat des Staates Israel.
 
Die Installation Gedenken an Kehat Schor ist an den verschiedenen Standorten Tag und Nacht frei zugänglich. Weitere Informationen auf muenchen1972-2022.de.