Preis des nsdoku

Seit 2018 vergibt das NS-Dokumentationszentrum München einen Preis: Ausgezeichnet werden herausragende Publikationen, Aktivitäten und Projekte, die über den Nationalsozialismus, die vom NS-Regime begangenen Verbrechen sowie über Folgen und Weiterwirken der NS-Zeit aufklären.

Über den Preis

Rechtspopulisten und Rechtsextreme verbreiten heutzutage wieder massiv Hetzparolen, die auf erschreckende Weise der nationalsozialistischen Propaganda gleichen. Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsvergessenheit dringen vom rechten Rand in die Mitte der Gesellschaft vor. Es ist Aufgabe des NS-Dokumentationszentrums München, über die NS-Zeit aufzuklären und deutlich zu machen, wo die menschenverachtende Ideologie der Rechten ihre Wurzeln hat.

Bei der Auswahl der Projekte wird besonderes Augenmerk auf eine hohe Qualität, eine breite gesellschaftliche Wirkung und eine zeitgemäße, zukunftsorientierte Ausgestaltung der Beiträge gelegt. Eine Jury mit Fachleuten aus dem deutschsprachigen Raum und ehrenamtlichen Mitgliedern des Stadtrats schlägt nationale und internationale Publikationen und Projekte vor, diskutiert diese und empfiehlt eine Preisträgerin oder einen Preisträger. Die Entscheidung über die Preisvergabe trifft der Stadtrat. Der Preis ist mit 8.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre verliehen.

2022: Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics

Mit der Verleihung des Preis des nsdoku an das ukrainische Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics in Rivne wird die besondere Erinnerungsarbeit einer zivilgesellschaftlichen Initiative gewürdigt, die sich seit 2016 für die Aufarbeitung des Holocaust in der Ukraine und für eine plurale, demokratische Erinnerungslandschaft einsetzt. Das Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics ist eine finanziell und politisch unabhängige NGO, die von den Historiker*innen Maksym Gon, Petro Dolhanov und Nataliia Ivchyk aus Rivne gegründet wurde. Die Initiative setzt sich dafür ein, Wissenschaft und Öffentlichkeit mit Blick auf Fragen der Erinnerung an die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts zu informieren und zu sensibilisieren.

Mnemonics hat unter schwierigen Bedingungen wichtige Impulse für die Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in der Ukraine gesetzt. In vielen Veranstaltungen hat sich die Initiative für einen reflektierten Umgang mit dem Thema Erinnerung eingesetzt, der sich politisch-propagandistischer Inszenierungen entzieht. Zu den verschiedenen Projekten gehören künstlerische Installationen, Bildungsangebote für Schüler*innen zum Thema Holocaust oder auch die Verlegung von Stolpersteinen. Der Preis stärkt eine Initiative, deren wichtige Arbeit unter den gegenwärtigen Bedingungen des Krieges in der Ukraine massiv leidet.

Der Preis wird im November 2022 stellvertretend für Mnemonics an Tetiana Vodotyka und Nataliia Ivchyk überreicht.

© Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics

2022: Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics

Mit der Verleihung des Preis des nsdoku an das ukrainische Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics in Rivne wird die besondere Erinnerungsarbeit einer zivilgesellschaftlichen Initiative gewürdigt, die sich seit 2016 für die Aufarbeitung des Holocaust in der Ukraine und für eine plurale, demokratische Erinnerungslandschaft einsetzt. Das Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics ist eine finanziell und politisch unabhängige NGO, die von den Historiker*innen Maksym Gon, Petro Dolhanov und Nataliia Ivchyk aus Rivne gegründet wurde. Die Initiative setzt sich dafür ein, Wissenschaft und Öffentlichkeit mit Blick auf Fragen der Erinnerung an die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts zu informieren und zu sensibilisieren.

Mnemonics hat unter schwierigen Bedingungen wichtige Impulse für die Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in der Ukraine gesetzt. In vielen Veranstaltungen hat sich die Initiative für einen reflektierten Umgang mit dem Thema Erinnerung eingesetzt, der sich politisch-propagandistischer Inszenierungen entzieht. Zu den verschiedenen Projekten gehören künstlerische Installationen, Bildungsangebote für Schüler*innen zum Thema Holocaust oder auch die Verlegung von Stolpersteinen. Der Preis stärkt eine Initiative, deren wichtige Arbeit unter den gegenwärtigen Bedingungen des Krieges in der Ukraine massiv leidet.

Der Preis wird im November 2022 stellvertretend für Mnemonics an Tetiana Vodotyka und Nataliia Ivchyk überreicht.

© Center for Studies of Memory Policy and Public History Mnemonics

2020: Fondation du Camp des Milles – Mémoire et Éducation

Mit dem Preis wird die herausragende Erinnerungsarbeit an der Gedenkstätte Site-Mémorial du Camp des Milles ausgezeichnet. Bei dem in der Nähe des südfranzösischen Aix-en-Provence gelegenen Camp des Milles handelt es sich um eine ehemalige Ziegelei, die von 1939 bis 1942 zuerst als Gefangenenlager und später als Deportationslager für die jüdische Bevölkerung genutzt wurde. Über viele Jahre kämpfte eine Initiative darum, die Anlage vor der Zerstörung zu bewahren. 2012 wurde der Ort schließlich zur Gedenkstätte erklärt und ausgebaut. Das Lager Les Milles steht exemplarisch für die komplexe Geschichte der Verbrechen der Deutschen im besetzten Frankreich und die Kollaboration und Mitverantwortung der Vichy-Regierung.

Es handelt sich um einen Ort, an dem die spezifische Geschichte von Flucht, Migration und Deportation während des NS-Regimes besonders anschaulich erzählt wird. Die Jury des NS-Dokumentationszentrums hebt in ihrer Begündung insbesondere die engagierte Bildungsarbeit der vergleichsweise jungen Einrichtung heraus. Die Site-Mémorial du Camp des Milles arbeitet aktiv mit jungen Menschen zusammen und sucht in der Auseinandersetzung mit der Geschichte immer auch die Anbindung an die Gegenwart.

Die Auszeichnung ist „ein Signal für einen lebendigen Diskurs über die gemeinsame Geschichte und Erinnerung und eine Aufforderung zur transnationalen Zusammenarbeit europäischer Erinnerungsorte“, so die Jury in ihrer Begründung. Die Entscheidung der Jury bestärkt das NS-Dokumentationszentrum darin, sich angesichts einer wachsenden Tendenz nationalistischer Geschichtsvergessenheit mit historischen Einrichtungen anderer Länder solidarisch zu zeigen und sie zu unterstützen.

Gedenkstätte Site-Mémorial du Camp des Milles, 2012 | Foto: Christophe de Bise

2018: Anne Frank’s Diary: The Graphic Adaptation

von Ari Folman und David Polonsky

Das Tagebuch der Anne Frank ist eines der wichtigsten Dokumente des Holocaust. Die Umsetzung als Graphic Novel folgt einem aktuellen Trend, schwer erzählbare Themen wie Krieg oder Verfolgung mit alternativen Methoden darzustellen. Über eine Jugendlichen vertraute Bildästhetik werden historische Ereignisse in unmittelbare Nähe herangezoomt, zugleich schafft die zeichnerische Umsetzung eine Verfremdung und einen Abstand zur Geschichte. Diese Dialektik von Nähe und Distanz öffnet einen Raum für die Darstellung und Vermittlung von Emotionen, Ängsten, Hoffnungen und Innensichten der Erfahrungs- und Gedankenwelt des jungen Mädchens im Versteck vor den Nationalsozialisten.

Glaubt man, es gäbe nichts Neues mehr zu sagen über Anne Franks Tagebuch, so wird man von Folman und Polonsky überrascht: In ihrer Erzählung und ihren Zeichnungen wird die Geschichte des Amsterdamer Hinterhauses noch einmal lebendig: die Enge, die fehlende Privatsphäre, die stumm ausgetragenen Konflikte, die Bedrohung durch Nachrichten von draußen.

Besonders beeindruckend ist die bildliche Umsetzung von Annes Innenleben, das mal ironisch, mal spöttisch und zusehends depressiv auf die Umgebung reagiert. In fast immer bunten, nur manchmal in Sepia gehaltenen Bildern, werden den Leserinnen und Lesern die Ängste, Gefühle, Wunschträume, Erinnerungen und Zukunftshoffnungen dieses klugen, jungen Mädchens nahe gebracht; und zusehends auch ihre albtraumhaften Phantasien, die den immer detaillierteren Berichten über die Lager und die drohende Vernichtung entwachsen.

„Folman und Polonskys ‘Tagebuch der Anne Frank’ vereint in sich zentrale Aspekte der Arbeit des NS-Dokumentationszentrums München, die an der Schnittstelle von Wissen, Vermittlung und Kunst verortet ist. Die Autoren übersetzen die Geschichte des Holocaust in eine künstlerische Sprache, die das Unfassbare und Unbeschreibliche begreifbar macht. Ihre eindringlichen Bilder entfalten eine starke Wirkung. Sie erreichen auch jene Leserinnen und Leser, die über wenig historisches Vorwissen oder Lesekompetenz verfügen. Sich als Künstler mit diesem schweren Thema zu befassen erfordert ein hohes Maß an Mut, Sensibilität und Könnerschaft. Folman und Polonsky leisten einen wertvollen und wegweisenden Beitrag im Bemühen um eine sich stets weiterentwickelnde, lebendige Erinnerungskultur“, heißt es in der Begründung der Jury.

Anne Frank’s Diary: The Graphic Adaptation ist in der deutschen Auflage 2017 im S. Fischer Verlag erschienen.

Buchcover Das Tagebuch der Anne Frank. Graphic Diary | © Anne Frank Fonds Basel