Johanna Haarer (3.10.1900 Tetschen-Bodenbach/Böhmen – 30.4.1988 München)

Biografien
Verfasst von Oliver Hochkeppel

Ärztin, Autorin und NS-Propagandistin

Umschlag des Buches Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind von Johanna Haarer (Propagdaaufnahme) | bpk/Staatsbibliothek zu Berlin, 00040553

Als Kind des Kaufmanns Alois Barsch und seiner Ehefrau Anna kam Johanna Barsch im Sudetenland zur Welt. Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule von 1906 bis 1914 arbeitete sie im elterlichen Papierwarengeschäft. Mit 17 entschied sie sich gegen den Willen der Eltern für ein Medizinstudium und ging zunächst auf die von Hermann Lietz gegründeten Landerziehungsheime in der Rhön, wo sie das Abitur machte. Anschließend studierte Johanna Barsch in Heidelberg, Göttingen und München. Nach der Heirat mit einem Kommilitonen legte sie als Johanna Weese das medizinische Staatsexamen ab, erwarb den Doktortitel, bekam nach dem praktischen Jahr ihre Approbation und wurde schließlich vom Sanatorium Harlaching als Assistenzärztin für Lungenkrankheiten eingestellt. Seit 1929 geschieden, heiratete sie 1932 den Oberarzt und Klinikkollegen Otto Friedrich Haarer und gab ihren Beruf auf.

Nach der Geburt von Zwillingen 1933 – drei weitere Kinder folgten – begann Johanna Haarer über Säuglingspflege zu schreiben, obwohl sie keine pädiatrische Ausbildung hatte. 1934 veröffentlichte sie das offensichtlich an den pädagogischen und frauenpolitischen Positionen in Hitlers Mein Kampf orientierte Erziehungsbuch Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind, das eine Erziehung durch ‚Abhärtung‘ schon der Säuglinge propagiert. Das bis 1972 in vielen Neuauflagen und einer Gesamtzahl von 1,2 Millionen Exemplaren verlegte Buch gehörte bald zur Grundlage für die ‚Reichsmütterschulung‘ der NS-Frauenschaft. Haarer selbst war zeitweise ‚Gausachbearbeiterin für rassenpolitische Fragen‘, trat 1937 in die NSDAP ein und schrieb 1939 das antisemitische NS-Kinderbuch Mutter, erzähl‘ von Adolf Hitler!

Nach Kriegsende war sie ein Jahr in US-Lagern interniert, nach ihrer Freilassung arbeitete sie wieder als Lungenfachärztin im öffentlichen Dienst und schrieb Ratgeber. 1988 starb sie in München.

Quellen

Benz, Ute: Brutstätten der Nation. „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ oder der anhaltende Erfolg eines Erziehungsbuches, in: Dachauer Hefte, 1988, H. 4, S. 144-163.
Chamberlain, Sigrid: Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. Über zwei NS-Erziehungsbücher, Gießen 2003.

Empfohlene Zitierweise

Oliver Hochkeppel: Haarer, Johanna (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/haarer-johanna-302