Hugo Höllenreiner (15.9.1933 München – 10.6.2015 Ingolstadt)

Biografien
Verfasst von Joachim Schröder

Sinto aus München, Verfolgter des NS-Regimes

Hugo Höllenreiner (ganz rechts) mit Mutter Sophie und Geschwistern, Aufnahme von 1941 | Privatbesitz

Hugo Höllenreiner lebte mit seinen Eltern und fünf Geschwistern in der Deisenhofener Straße im Münchner Stadtteil Giesing. Sein Vater unterhielt lange Zeit ein Fuhrgeschäft. Schon früh wurden Höllenreiner und seine Geschwister mit den verbreiteten Vorurteilen gegen Sinti und Roma konfrontiert. Sie galten als ‚asozial‘ und kriminell wie alle ‚Zigeuner‘ und wurden durch immer neue Vorschriften und Gesetze aus der nationalsozialistischen ‚Volksgemeinschaft‘ ausgegrenzt. Am 8.3.1943 wurde Höllenreiner mitsamt seiner Familie von Beamten der Münchner ‚Dienststelle für Zigeunerfragen‘ festgenommen und im Polizeipräsidium inhaftiert. Am 13.3.1943 folgte die Deportation in das ‚Zigeunerlager‘ Auschwitz-Birkenau. Er sowie seine Eltern und Geschwister überlebten das Lager, doch 36 seiner ebenfalls deportierten Angehörigen wurden ermordet oder starben aufgrund der katastrophalen Verhältnisse im Konzentrationslager. Höllenreiner litt fortan an den Folgen der grausamen medizinischen Experimente des SS-Arztes Josef Mengele, dessen Opfer er als kleines Kind geworden war.

Hass und Vorurteile gegen Sinti*zze und Rom*nja, die nun von der Polizei als ‚Landfahrer‘ bezeichnet wurden, lebten nach 1945 ungebrochen fort, auch in der Schule, von der Hugo mit 14 Jahren vom Lehrer ausgeschlossen wurde. Höllenreiner zog später nach Waldtrudering und dann nach Ingolstadt. Er kämpfte lange vergeblich um eine angemessene Entschädigung für das erlittene Unrecht. Über seine Erlebnisse im Lager konnte er 50 Jahre lang nicht sprechen. Seit den 1990er-Jahren engagierte er sich jedoch als Zeitzeuge in der Öffentlichkeit und in Schulen aktiv für die Erinnerung an den nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti*zze und Rom*nja.

Quellen

Stadtarchiv München, Pol. Dir., Nr. 828.
Eiber, Ludwig: „Ich wusste, es wird schlimm“. Die Verfolgung der Sinti und Roma in München 1933-1945, München 1993.
Bahr, Matthias/ Poth, Peter (Hg.): Hugo Höllenreiner. Das Zeugnis eines überlebenden Sinto und seine Perspektiven für eine bildungssensible Erinnerungskultur, Stuttgart 2014.
Tuckermann, Anja: „Denk nicht, wir bleiben hier“. Die Lebensgeschichte des Sinto Hugo Höllenreiner, München 2005.

Empfohlene Zitierweise

Joachim Schröder: Höllenreiner, Hugo (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/hoellenreiner-hugo-363