Heinz Heinrich Kürten (29. 5.1891 Limburg -16.12.1966 München)

Biografien
Verfasst von Andreas Eichmüller

Universitätsprofessor und Propagandist der nationalsozialistischen Rassenlehre

Kürten war nach Medizinstudium und Promotion seit 1919 als Assistent an der Universität Halle tätig. 1925 habilitierte er sich dort und unterrichte anschließend als Privatdozent und außerordentlicher Professor. Ab 1929 praktizierte er als niedergelassener Allgemeinarzt. 1931 trat er der NSDAP bei und übernahm in der Folge mehrere Parteiämter, so wurde er stellvertretender NSDAP-Kreisleiter und ‚Gaufachberater für Rassenhygiene‘.

Nicht zuletzt aufgrund seiner Verdienste für die Partei wurde er im Dezember 1934 zum Ordinarius für Innere Medizin, Erblehre und ‚Rassenhygiene‘ an der Universität München berufen. Im folgenden Jahr übernahm er für zwei Jahre das Amt des Dekans der Medizinischen Fakultät. Zudem leitete er die Poliklinik der Universität. Auch innerhalb der NSDAP blieb er weiter sehr aktiv. Er war Gauamtsleiter des Rassenpolitischen Amtes der Partei sowie Hauptstellenleiter bei der Reichsleitung des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes, dessen Zeitschrift Ziel und Weg er als verantwortlicher Redakteur führte. Kürten forschte vor allem zur Erblehre und zur ‚Rassenhygiene‘. 1937 publizierte er in Ziel und Weg und auch in mehreren Tageszeitungen einen Artikel mit den Titel „Der deutsche Zigeuner“, in dem er die rassische ‚Minderwertigkeit‘ von Sinti*zze und Rom*nja behauptete und offen für deren Zwangssterilisierung eintrat.

Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft wurde Kürten im Mai 1945 entlassen und interniert. 1949 verurteilte ihn eine Spruchkammer als ‚Belasteten‘ zu einem Jahr und zehn Monaten Internierungshaft (die als schon verbüßt galten), weiterhin zu Vermögenseinzug in Höhe von 20 % und fünfjähriger Berufsbeschränkung. Nachdem eine Berufungskammer noch 1951 eine Abänderung des Urteils abgelehnt hatte, wurde es 1952 vom Bayerischen Sonderministerium aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Kürten arbeitete in der Folge als Facharzt im Status eines Professors zur Wiederverwendung und erhielt ab 1956 die vollen Ruhestandbezüge.

Quellen

Staatsarchiv München, Spruchkammern K 982, Kürten Heinz.
Grüttner, Michael  Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004.
Kaasch, Joachim / Kaasch, Michael: Hallesche Naturwissenschaftler (Emil Abderhalden und Johannes Weigelt) in der Zeit des Nationalsozialismus: Eine Fallstudie mit Jenaer Beziehungen. In: Hoßfeld, Uwe u.a. (Hg.): „Kämpferische Wissenschaft“. Studien zur Universität Jena im Nationalsozialismus, Köln/ Weimar 2003, S. 1025–1064.




Empfohlene Zitierweise

Andreas Eichmüller: Kürten, Heinz (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/kuerten-heinz-476