Palais Pringsheim

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Verfasst von Jan Björn Potthast

Jüdisches Wohnhaus, von den Nazis für den Bau des Parteiviertels abgerissen

Abbruch des Palais Pringsheim, November 1933 | Stadtarchiv München, FS-Str-0434, Foto: Wilhelm Nortz

Im Palais Pringsheim in der Arcisstraße 12 traf man um 1900 „ganz München“. Alfred und Hedwig Pringsheim machten ihr 1889 vollendetes Wohnhaus im Stil der Neorenaissance zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt der Stadt. Es war eindrucksvoll mit Kunstwerken und Sammlungen geschmückt, Franz von Lenbach und Wilhelm von Kaulbach porträtierten die Mitglieder der Familie, der Hausherr bearbeitete Richard Wagners Opern für Kammerkonzerte in seinem Haus.

Durch den Ersten Weltkrieg und die Inflation verlor die Familie viel Geld und musste Teile ihrer Kunstsammlung und Bibliothek verkaufen: „Wir leben von der Wand in den Mund“, scherzten die Pringsheims. 1933 presste die NSDAP der Familie ihr Palais ab: „Die alten Leute müssen hinaus, damit das Haus, das sie 40 Jahre bewohnten, einem weiteren der verschwenderischen Parteipaläste Platz mache, aus denen dieses ganze Viertel in kurzem bestehen soll“, notierte ihr Schwiegersohn Thomas Mann (zit. nach Krause, S. 24). Der ehemalige ‚Verwaltungsbau der NSDAP‘ steht bis heute auf dem Grundstück des Palais Pringsheim (jetzt Katharina-von-Bora-Straße 10) und beherbergt seit dem Ende der 1940er-Jahre das Zentralinstitut für Kunstgeschichte sowie weitere Kulturinstitutionen.

Quellen

Krause, Alexander: Arcisstraße 12, München 2008.
Pringsheim, Hedwig: Mein Nachrichtendienst. Briefe an Katia Mann 1933-1941, Göttingen 2013.
Seelig, Lorenz: Die Münchner Sammlung Alfred Pringsheim – Versteigerung, Beschlagnahmung, Restitution, in: Baresel-Brand, Andrea (Hg.): Entehrt. Ausgeplündert. Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden, Magdeburg 2005.

Empfohlene Zitierweise

Jan Björn Potthast: Palais Pringsheim (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/palais-pringsheim-637