Simon Snopkowski (23.6.1925 Myschkow / Polen – 2.12.2001 München)

Biografien
Verfasst von Ilse Macek

Arzt, Vorsitzender des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 1971-2001, Mitglied des Bayerischen Senats

Simon (Szymon) Snopkowski wurde als viertes von sechs Kindern des Schneidermeisters und Vorsitzenden des örtlichen jüdischen Handwerkerverbandes der polnischen Kleinstadt Myschkow (Myszków) Szlomo Snopkowski geboren. Simon Snopkowski war ein Jahr alt, als seine Mutter Tauba starb; die beiden jüngeren Geschwister stammten aus der zweiten Ehe des Vaters. Schon als Kind wollte er Medizin studieren. 1935 bewarb er sich erfolgreich um ein Stipendium am jüdischen Gymnasium im 30 km entfernten Tschenstochau und wurde Mitglied im zionistischen Jugendverband Haschomer Ha‘zair (hebr., deutsch ‚Der junge Wächter‘).

Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde Myschkow dem Deutschen Reich einverleibt; Simon Snopkowski schloss sich der jüdischen Untergrundbewegung an. Im Sommer 1940 erfolgte die Einweisung aller jüdischen Bewohner ins Ghetto. Die Familie versteckte sich zunächst; dann war sie im Ghetto Parzymiechy, wo im Frühjahr 1943 der Vater und einer der älteren Brüder erschossen wurden. Im September 1943 wurden die Stiefmutter, zwei Schwestern und der jüngste Bruder nach Auschwitz deportiert. Simon Snopkowski wurde einen Tag vor seinem 17. Geburtstag auf einem Kuriergang im Juni 1942 verhaftet. Er musste Schwerstarbeit in mehreren Lagern leisten, zuletzt in Langenbielau, einem Außenlager des KZ Groß-Rosen. Er überlebte die Qualen sowie eine Typhus-Erkrankung und wurde schließlich von der Roten Armee befreit. Bis auf seinen ältesten Bruder, dem die Flucht über die UdSSR und Indien nach Palästina geglückt war, und einen Onkel war die gesamte Familie ermordet worden, insgesamt über 40 nahe Verwandte.

Nach Kriegsende kam er als Displaced Person nach Landsberg am Lech in der amerikanischen Besatzungszone. Ab 1946 konnte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Zahn- und Humanmedizin studieren; er schloss beide Studiengänge mit der Promotion ab. 1962 heiratete er Ilse Ruth Koslik; aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. 1967 wurde Dr. Dr. Simon Snopkowski Chefarzt des Städtischen Krankenhauses München-Oberföhring und nach dessen Schließung Ärztlicher Direktor und Chirurgischer Chefarzt des Klinikums Bogenhausen.

Seine ehrenamtliche Tätigkeit für jüdische Organisationen begann er als Vorsitzender des Jüdischen Studierendenverbandes ‚She'erit Hapletah‘ (‚Der übriggebliebene Rest‘). Er war Vorstandmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München (1959-1971), Vorstandmitglied der Zentralwohlfahrtsstelle (1960-1990), Mitglied im Verwaltungsrat des Zentralrates der Juden in Deutschland (1960-1970), Vizepräsident (1960-1971) und danach bis zu seinem Tod im Jahr 2001 Vorsitzender des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. 1975 und erneut von 1996 bis 1999 wurde er in den Bayerischen Senat berufen. 1981 gründete er die Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition, deren Vorsitzender er war. Snopkowski wirkte im Vorstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft und im BR-Rundfunkrat.

Er gab den Anstoß zur Errichtung der jüdischen Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Flossenbürg und damit zur würdigen Umgestaltung des gesamten bis dahin profan genutzten Lagerareals. Der Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und den Israelitischen Kultusgemeinden zur Gleichstellung jüdischer Religionsgemeinschaften, um den er seit den 1970er Jahren kämpfte, krönte sein Lebenswerk.

Er erhielt zahlreiche Ehrungen; 1995 die höchste zivile Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, das Große Verdienstkreuz mit Stern. Seit 2006 wird alle zwei Jahre an Schulen der Simon-Snopkowski-Preis für Arbeiten zur jüdischen Geschichte und Kultur und zum Holocaust verliehen.

Quellen

Snopkowski, Simon: Zuversicht trotz allem. Erinnerungen eines Überlebenden in Deutschland, München 2000.
Schmöger, Helga (Hg.): Der bayerische Senat. Biographisch-statistisches Handbuch 1947-1997, Düsseldorf 1998, S. 277 f. URL: http://www.hdbg.de/parlament/content/persDetail.php?id=3672.

Empfohlene Zitierweise

Ilse Macek: Snopkowski, Simon (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/snopkowski-simon-783