Der Hauptteil der Ausstellung setzte sich mit den Ausschlussmechanismen der Mehrheitsgesellschaft gegenüber einer Minderheit auseinander und führte – jeweils eingeleitet durch eine Filmszene – durch die Stufen der Ausgrenzung: von der Polarisierung der Gesellschaft über Stereotypisierung, Empathieverlust und Brutalisierung bis hin zum Ausschluss der zum Feindbild stilisierten Menschengruppe. Der Prozess der Ausgrenzung wurde zum einen an historischen Beispielen visualisiert – hier bildeten die 1920er-Jahre den Ausgangspunkt –, zum anderen zeigte die Ausstellung exemplarisch auch die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart hinein. Forderten in den 1920er-Jahren Antisemit*innen immer lauter den Ausschluss von Jüdinnen*Juden, geht es heute auch gegen Ausländer*innen, Muslimas*Muslime, Geflüchtete und wie schon früher gegen Sinti*zze und Rom*nja. Mit dieser Gegenüberstellung griff Die Stadt ohne die zentralen Fragestellungen unserer Zeit auf: Haben wir ‚Weimarer Verhältnisse‘? Ähnelt die heutige Situation derjenigen am Ende der Weimarer Republik und kurz vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten? Ist noch Zeit, ‚Wehret den Anfängen‘ zu mahnen?
Die Ausstellung zeigte die Kontinuität antisemitischer Fremdbilder und Stereotype. Wahlplakate, Publikationen und Klebemarken machten bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten ‚den Juden‘ zum Sündenbock für kleinere und größere Übel. Die ersten antijüdischen Pogrome gab es in Berlin bereits 1923; diese sollten nur der Auftakt für die ‚Juden raus‘-Politik der Nationalsozialisten sein. Für einen zunehmenden Empathieverlust sorgte in den 1920er- und 1930er-Jahren die ‚Eugenik‘, die Lehre von der ‚Erbgesundheit‘, nach der ‚artfremdes Erbgut‘ ‚ausgerottet‘ werden sollte. Auch heute werden ‚einfache Lösungen‘ für komplexe Probleme gesucht und in Parolen wie ‚Ausländer raus‘ vermeintlich gefunden. Ob Kriminalität, sexuelle Gewalt, Krankheiten oder Drogendelikte – an allem scheinen ‚die Anderen‘, Muslimas*Muslime, Flüchtlinge, Ausländer*innen oder Jüdinnen*Juden schuld zu sein. Auch die Feindbilder gleichen sich, so dass heute nicht selten die ‚blutsaugende Spinne‘ oder der ‚raffgierige Unternehmer‘ für die Darstellung ‚des Juden‘ bemüht werden. Neben Jüdinnen*Juden werden besonders seit 2015 Geflüchtete sowie Muslimas*Muslime diskriminiert; ihr Ausschluss aus der ‚deutschen Gesellschaft‘ wird von rechten Parteien gefordert. Wenn die Alternative für Deutschland (AfD) in ihren Wahlkampagnen offen für ‚islamfreie Schulen‘ wirbt, drängen sich Analogien zum ‚judenfreien Deutschland‘ auf, das die Nationalsozialisten herbeiführen wollten.
Am Ende der Ausstellung schloss sich der Kreis vom Film Die Stadt ohne Juden zur satirischen Überzeichnung, die schon Bettauers Stilmittel war. Christoph Schlingensiefs ‚Containeraktion‘ Bitte liebt Österreich! provozierte im Jahr 2000 Politik und Öffentlichkeit. Sein neben der Wiener Staatsoper arrangiertes Containerdorf, versehen mit dem Schriftzug „Ausländer raus”, in dem für eine Woche, kameraüberwacht, zwölf Asylbewerber*innen lebten, die dann nach dem Vorbild der Show Big Brother herausgewählt wurden, erhitzte die Gemüter und stiftete Verwirrung. Heute gehören Containerdörfer für Geflüchtete und Asylbewerber*innen zum Alltag.