Die Vernichtung von Kunst und Kultur im Nationalsozialismus
Das Land der ‚Dichter und Denker‘ wurde in der Nacht des 10. Mai 1933 zu einem Schauplatz kultureller Barbarei. In 22 deutschen Städten marschierten zehntausende Menschen durch die Straßen, schrien Parolen, sangen Lieder und versammelten sich an zentralen Plätzen. Umgeben von Schaulustigen warfen sie stapelweise hunderte Bücher und Schriften auf lodernde Scheiterhaufen. An manchen Orten wurde dies von sogenannten Feuersprüchen begleitet: Parolen, die den schändlichen Aktionen einen ritualhaften und feierlichen Charakter geben sollten. Es waren Werke von pazifistischen, jüdischen oder marxistischen Autor*innen, darunter berühmte Persönlichkeiten wie Lion Feuchtwanger, Rosa Luxemburg oder Erich Maria Remarque, aber auch heute kaum bekannte wie etwa die deutsch-ungarische Schriftstellerin Maria Leitner.
Die Bücherverbrennungen waren von den Nationalsozialisten als Propagandaspektakel geplant und inszeniert worden. Sie wurden live im Rundfunk übertragen. Das ganze Land und auch der Rest der Welt sollte wissen: Mit dem NS-Regime bricht ein neues kulturelles Zeitalter an. Die ‚verdorbene‘ Kultur der Weimarer Republik ist untergegangen. Die Kampagne wurde allerdings nicht von der Parteispitze aus gesteuert, obwohl der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bei der Veranstaltung am Berliner Opernplatz eine Ansprache hielt. Die Hauptakteur*innen waren jungen Studierende unter der Regie des nationalsozialistisch dominierten Interessenverbands Deutsche Studentenschaft.