Quellen
Interview
mit Jelena Lenser, Tochter von Wladislaw Meschkowskij und Jurij
Antipow, Sohn von Wladislaw Antipow am 10. September 2017 in Kyjiw
Eintritt frei
Zwangsarbeiter im Reichsbahnausbesserungswerk Neuaubing
Wladimir Antipow wurde 1927 in eine Kyjiwer Beamtenfamilie geboren. Seine Eltern trennten sich früh, der Junge wuchs bei der Mutter auf. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Jahr 1941 endete sein Schulbesuch in der sechsten Klasse. Bei einer Razzia im besetzten Kyjiw (Kiew) wurde Wladimir Antipow gemeinsam mit seinem Freund Wladislaw Meschkowskij aufgegriffen und in einem Güterwaggon nach Deutschland verschleppt. Am 24. November 1943 registrierten ihn Bahnmitarbeiter im Lager der Reichsbahn in München-Neuaubing.
Über die Zeit der Zwangsarbeit in Deutschland hat er ausschließlich mit seiner Ehefrau gesprochen. Sein einziger Sohn Juri kann daher nur aus zweiter Hand berichten: „Die Arbeit im deutschen Lager war recht schwer. Mein Vater war 16 Jahre alt, als sie ihn nach Deutschland geholt haben. [...] Er war groß, und vermutlich wurde er deshalb für wesentlich älter gehalten, aber die Arbeit war einfach schwer. Sie schleppten Schienen, Bahnschwellen. Die Ernährung war natürlich recht bescheiden. [...] Er sagte sogar, dass man, wenn man hungrig war und rauchte, nicht mehr so ein starkes Bedürfnis hatte, zu essen.“
Nach zwei Jahren harter Zwangsarbeit wurde Wladimir Antipow am 30. April 1945 von den Amerikanern befreit. Nach dem Krieg machte er am Kyjiwer Kinotechnikum, einer Fachschule für Filmproduktion und Audio-Kino-Geräte, seinen Abschluss. Nach einer Zwischenstation in der nordrussischen Stadt Kargopol arbeitete er in Kyjiw für das angesehene Dowschenko-Kinostudio. Anschließend studierte er am Kyjiwer Polytechnischen Institut an der Fakultät für Elektroenergetik. Er hatte als Spezialist einen guten Ruf. Während er am Institut für Technische Thermophysik arbeitete, konnte er auf Dienstreise ins sozialistische Vietnam fahren und durfte auch seine Halbschwester in Kanada besuchen.
Anders als viele ehemalige „Ostarbeiter“ wurde er nicht vom sowjetischen Geheimdienst NKWD verfolgt, was möglicherweise an seinem minderjährigen Alter zum Zeitpunkt der Deportation nach Deutschland lag. Eine Entschädigung für die Zwangsarbeit hat Wladimir Antipow nie erhalten, obwohl er sich darum bemüht hat. Er konnte seine Zwangsarbeit aber nicht ausreichend belegen. Wladimir Antipow starb 1997 an einer Herzerkrankung. Er hinterließ eine Frau und einen Sohn.
Interview
mit Jelena Lenser, Tochter von Wladislaw Meschkowskij und Jurij
Antipow, Sohn von Wladislaw Antipow am 10. September 2017 in Kyjiw