Quellen
Staatsarchiv München, StAnW 8551.
Eintritt frei
Zeuge Jehovas, illegale Verbreitung von Bibelforscherschriften
Der Lehrerssohn hatte am Ersten Weltkrieg teilgenommen. Danach war er als Zollinspektor beim Landesfinanzamt München tätig. 1927 trat der verheiratete Vater eines zweijährigen Sohnes aus der katholischen Kirche aus und wurde Bibelforscher. 1934 übernahm er die Leitung mehrerer Münchner Untergruppen der Zeugen Jehovas, die jeweils aus diversen Bibelkreisen bestanden. Baumann nahm auch Spenden für die Kasse ‚Gute Hoffnung‘ entgegen, aus der in Not geratene Mitgläubige unterstützt wurden.
Am 2.11.1936 wurde er inhaftiert. Der Gestapo erklärte er: „Ich wende den deutschen Gruß ‚Heil Hitler‘ nicht an, weil es sich mit meinem Glauben nicht vereinbart. Ich würde auch den Heeresdienst verweigern, wenn ich eingezogen werden würde, weil in der Bibel steht: ‚Du sollst nicht töten‘.“ Am Ende des Verhörs bekräftigte Baumann: „Den deutschen Gruß werde ich auch in Zukunft nicht anwenden. Es gibt höhere Ideale als wie der Dienst. Das höchste Ideal ist die Treue zu Jehova“ (StAM StAnW 8551/1). Das Sondergericht München verurteilte ihn am 23.3.1937 zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis. Die Annahme von Spenden werteten die Richter als Mitwirkung an „der Finanzierung des illegalen Apparates“ der Zeugen Jehovas. Als straferschwerend sahen sie es an, „dass Baumann mit seinen Verfehlungen das Treueverhältnis, in dem er als Beamter zu Führer und Volk stand, gebrochen“ habe. Aufgrund seiner Verurteilung wurde Baumann aus dem Staatsdienst entlassen. Nach seiner Freilassung aus dem Strafgefängnis Stadelheim stand er drei Monate unter Polizeiaufsicht und war zehn Monate arbeitslos. Nach dem Krieg wohnten Paul Baumann und seine Frau weiter in München-Neuhausen und waren bis ins hohe Alter aktive Zeugen Jehovas.
Staatsarchiv München, StAnW 8551.