Gertrude C. (1891 München – 1940 Tötungsanstalt Hartheim)

Biografien
Verfasst von Sibylle von Tiedemann

Apothekerstochter, Opfer der NS-“Euthanasie“

Gertrude C. (Pseudonym) wurde 1891 in München als ältestes Kind in die Familie eines Apothekers geboren. Der Vater starb früh. Ihr Bruder war viele Jahre Patient in der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, wo er 1917 starb. Gertrude C. wurde erstmals 1911 für drei Jahre in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar aufgenommen und nach Besserung ihres Zustands von ihrer Mutter wieder nach Hause geholt. Als die Wahnideen und suizidalen Gedanken zunahmen, wurde sie 1917 erneut aufgenommen. In den ersten Jahren sind Erregungszustände dokumentiert, die mit Dauerbädern behandelt wurden. Die Mutter bat mehrfach um Verlegung auf bestimmte Stationen. Die Krankengeschichte von Gertrude C. ist nur unvollständig erhalten. Sie gehört zu den vielen Opfern der NS-“Euthanasie“, deren Lebensgeschichte über Jahrzehnte nicht erzählt werden konnte.

Ihre Ermordung lässt sich dagegen aufgrund der Aussagen in den Nachkriegsprozessen und anhand der Krankengeschichten der am gleichen Tag Deportierten gut rekonstruieren. Gertrude C. wurde Ende September 1940 von ihrer Station in das Haus 22, das „feste Haus“ mit hohen Mauern verlegt, von wo sie nicht weglaufen konnte. In den Morgenstunden des 3. Oktobers wurde Getrude C. geweckt, man klebte auf ihren Rücken einen Leukoplaststreifen mit ihrem Namen – und setzte sie nach dem Frühstück in einen Zug in Richtung Tötungsanstalt Hartheim. Dort musste Gertrude C. sich entkleiden; ihre Identität wurde von Dr. Lonauer und Dr. Renno, dem Leiter der Tötungsanstalt und seinem Stellvertreter, kontrolliert. Anschließend wurde sie in eine als Duschraum getarnte Gaskammer geführt und mit Kohlenmonoxid ermordet.

Quellen

Bundesarchiv Berlin, R 179/20750.
Richarz, Bernhard: Heilen, Pflegen, Töten. Zur Alltagsgeschichte einer Heil- und Pflegeanstalt bis zum Ende des Nationalsozialismus, Göttingen 1987.

Empfohlene Zitierweise

Sibylle von Tiedemann: C., Gertrude (publiziert am 15.12.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/c-gertrude-264