Durch die enorme Ausweitung des „Ausländereinsatzes“ während des Krieges wurden die „Fremdarbeiter“ zu einem allgegenwärtigen Bestandteil der Stadtgesellschaft. Unzählige Lager und provisorische Unterkünfte in der Nachbarschaft, marschierende Kolonnen von Kriegsgefangenen in den Straßen, ausländische Männer und Frauen am Arbeitsplatz: Die Präsenz der Zwangsarbeiter*innen war für die Münchnerinnen und Münchner bald ein vertrautes Bild. Selbst der Einsatz von KZ-Häftlingen war im Straßenbild nicht zu übersehen, denn das ausgreifende Außenlagernetz des KZ Dachau drang mehr und mehr in die Lebenswirklichkeit der Stadtbevölkerung ein. Nahezu alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter waren entwürdigenden und gefährlichen Arbeits- und Lebensbedingungen unterworfen. Die Alltagswirklichkeit von West- und Ostarbeiter*innen unterschied sich jedoch erheblich und wurde maßgeblich durch das rassistische Menschenbild des NS-Staates geprägt. So wurden Holländer*innen, Dän*innen, Franzosen*Französinnen und Belgier*innen besser behandelt als Osteuropäer*innen, die als „slawische Untermenschen“ am unteren Ende der nationalsozialistischen Rassehierarchie standen. Das Programm der „Vernichtung durch Arbeit“ betraf vor allem jüdische KZ-Häftlinge. In dieser Gruppe führten Schwerstarbeit, extreme Mangelversorgung und mörderische Gewalt zu einer enormen Sterblichkeit.
Obwohl das Erleben von Gewalt durch Vorgesetzte und Polizei, von Ausbeutung und Unterdrückung durch Arbeitgeber*innen und von Entrechtung durch NS-Behörden die Alltagswirklichkeit der meisten Zwangsarbeiter*innen prägte, begegneten sich Deutsche und Ausländer*innen auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen immer wieder auch mit Wertschätzung und Respekt. Nicht immer zeigten die rassistischen Parolen der NS-Propaganda zur Bekämpfung von privaten Kontakten mit Ausländer*innen Wirkung. Die unmittelbare Zusammenarbeit am Arbeitsplatz vermittelte deutschen Beschäftigten ein differenziertes Bild der Ausländer*innen, das die Diffamierungen der „Fremdvölkischen“ nicht selten korrigierte. Es kam zu kameradschaftlichem Umgang, der auch zu privaten Freundschaften und Liebesbeziehungen führte. Rassistisch begründete Warnungen vor den „Fremdvölkischen“ waren, wie zeitgenössische Quellen belegen, für weite Teile der Bevölkerung schwer nachvollziehbar. Nicht nur, weil eigene Wahrnehmungen und persönliche Erfahrungen ein anderes Ausländer*innenbild zeigten; darüber hinaus wurden die widersinnigen Maßgaben der Ausländer*innenbehandlung von vielen Deutschen angesichts wachsender eigener Sorgen und Nöte kaum noch wahrgenommen. Empört notierte der Münchner Regierungspräsident in seinem Monatsbericht vom Mai 1944 das „würdelose Verhalten“ vieler Deutscher: „Die Haltung unserer Bevölkerung gegenüber den Ausländern konnte nicht befriedigen. Trotz aller Aufklärung ist es überwiegend nicht gelungen, den nötigen Abstand zwischen den deutschen Volksgenossen und den Ausländern aufrechtzuerhalten“ (BayHStA, MA 106695).
Dabei hatten „Ostarbeiter*innen“ und Pol*innen wegen ihrer erschwerten Lebens- und Arbeitsbedingungen weniger Kontakte zur Münchner Bevölkerung als andere Ausländer*innengruppen. Die Männer und Frauen aus den besetzten sowjetischen Gebieten wurden in den Lagern oft wie Gefangene eingesperrt. Viele konnten sich in der Öffentlichkeit nur in beaufsichtigten Gruppen bewegen. Berührungspunkte zu Einheimischen gab es daher lediglich am Arbeitsplatz. Doch selbst hier sorgte eine strenge Überwachung durch Werkschutz und Dienstvorgesetzte, häufig auch ein geschlossener Einsatz in Arbeitskolonnen, für eine weitgehende Isolation der slawischen „Untermenschen“. Die weniger streng reglementierten Zivilarbeiter*innen aus West- und Südosteuropa, mit fortschreitender Kriegsdauer aber auch die zum Arbeitseinsatz herangezogenen französischen Kriegsgefangenen, konnten sich in ihrer Freizeit hingegen meist relativ frei in der Öffentlichkeit bewegen. So etablierte sich am Sendlinger-Tor-Platz im Lauf der Kriegsjahre ein florierender Schwarzmarkt, an dem Deutsche wie Ausländer*innen gleichermaßen beteiligt waren und der von den Polizeibehörden weitgehend toleriert wurde. Wie in anderen Städten entwickelten sich auch in München die Verstöße gegen die geltenden Umgangsverbote seit 1942 zu einem Massendelikt, dem die Behörden und Polizeiorgane kaum Herr wurden. Aus diesem Grund wurde Ende 1942 den französischen und belgischen Kriegsgefangenen gestattet, ihre im Reich arbeitenden Frauen zu empfangen. Davon erhoffte man sich nicht nur eine Hebung der Arbeitsmoral, sondern auch die Eindämmung des unerwünschten Verkehrs von Kriegsgefangenen mit deutschen Frauen.
Die polizeiliche und gerichtliche Verfolgung von deutschen und ausländischen Männern und Frauen wegen verbotener Liebesbeziehungen gehört zu den bedrückendsten Kapiteln des „Ausländereinsatzes“ in München. Obwohl die NS-Propaganda mit stereotyper Eindringlichkeit betonte, dass zur Wahrung von „Ehre und Würde“ alle privaten Kontakte deutscher Frauen zu ausländischen Männern zu unterbleiben hätten, sah die Realität anders aus. Verstöße gegen das Umgangsverbot wurden von Polizei- und Justizbehörden jedoch rücksichtslos verfolgt. Denunziationen aus dem nachbarschaftlichen Umfeld waren an der Tagesordnung. Die Folgen von Entdeckung waren für die Betroffenen schwerwiegend. Deutsche Frauen mussten mit öffentlicher Demütigung und gesellschaftlicher Stigmatisierung rechnen; Haftstrafen oder gar Einweisungen in ein Konzentrationslager waren üblich. Polnischen, ukrainischen und russischen Männern, die der Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau verdächtig waren, drohte die Todesstrafe.
Trotz der nachhaltigen Bemühungen der Organe des NS-Staates, Deutsche und ausländische Zwangsarbeiter*innen auf Distanz zu halten, sind sogar gemeinsame Widerstandsaktionen von Deutschen und Ausländern nachweisbar. So entwickelte sich zwischen der „Antinazistischen Deutschen Volksfront (ADV)“, einer deutschen Gruppe, und der sowjetischen Untergrundorganisation der „Brüderlichen Zusammenarbeit der Kriegsgefangenen (BZK)“ im Jahr 1943 eine enge gemeinsame Widerstandstätigkeit. Diese wurde jedoch Ende des Jahres von der Gestapo brutal beendet.