Julius Streicher (12.2.1885 Fleinhausen/Augsburg – 16.10.1946 Nürnberg)

Biografien
Verfasst von Oliver Hochkeppel

Volksschullehrer, völkisch-antisemitischer Publizist und Propagandist, Gauleiter von Franken

NSDAP-Führer beim Reichsparteitag in Nürnberg, 19.8.-21.8.1927 v.l.n.r.: Julius Streicher, Max Amann, Georg Hallermann, Franz von Pfeffer, Adolf Hitler, Ulrich Graf (Propagandafoto) | Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Heinrich Hoffmann, hoff-6810

Julius Streicher wurde 1885 in Fleinhausen, einem Ortsteil von Dinkelscherben, als eines von neun Kindern des Lehrers Friedrich Streicher geboren. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters und war von 1904 an in Augsburg und von 1909 bis 1923 in Nürnberg Volksschullehrer, bis er wegen seiner Beteiligung am gescheiterten Hitler-Putsch suspendiert wurde. Schüler wie der spätere SPD-Reichstagsabgeordnete Josef Felder berichteten, dass Streicher schon damals durch Jähzorn, Brutalität und diktatorisches Gehabe aufgefallen sei.

Als Soldat im Ersten Weltkrieg mehrfach ausgezeichnet, stieg er bis zum Leutnant der Reserve auf. Nach dem Krieg schloss sich der glühende Antisemit erst dem Deutschen Schutz- und Trutzbund, dann im Januar 1920 der Deutschsozialistischen Partei (DSP) an, wo er schon im April 1920 Mitglied des Reichsvorstandes wurde. Nach der Auflösung der DSP im Herbst 1922 gründete Streicher am 20.10.1922 in Nürnberg in Anwesenheit Hitlers die Ortsgruppe der NSDAP.

Schnell wurde Streicher ein enger Gefolgsmann Hitlers und unermüdlicher Propagandist der ‚Bewegung‘, vor allem mit seinem im April 1923 gegründeten antisemitischen Wochenblatt Der Stürmer, das zum berüchtigtsten NS-Organ werden sollte und ihn als Miteigentümer bis 1945 aufgrund der hohen Auflage zum Multimillionär machte. In sogenannten ‚Stürmer-Kästen‘ reichsweit öffentlich ausgehängt, schürte das wöchentlich erscheinende Blatt mit aufreizenden Texten und Bildern primitivste Hassgefühle gegen die Juden und bereitete damit der allgemeinen Akzeptanz der antijüdischen Politik und Maßnahmen den Boden. Sein Hauptthema war der angebliche ‚rassenschänderische‘ Angriff des Judentums auf das ‚nordisch-germanische‘ Volk.

Von 1924 bis 1932 war Streicher Landtags-, anschließend bis 1945 Reichstagsabgeordneter, seine politische Macht bezog er aber neben dem Stürmer in erster Linie aus seiner Stellung als Gauleiter von Mittelfranken von 1925 bis 1940. Für seine exzessive Aggressivität, seine sexuellen Eskapaden und seine Raffgier bekannt und gefürchtet, war Streicher selbst führenden Parteigenossen ein Dorn im Auge. Dass er den nach den Novemberpogromen 1938arisierten‘ jüdischen Besitz nach Gutdünken an Gefolgsleute verteilte, brachte das Fass zum Überlaufen. Trotz der persönlichen Protektion Hitlers wurde er im Februar 1940 vom Obersten Parteigericht aller Parteiämter enthoben und musste sich auf sein Landgut Pleikershof bei Cadolzburg zurückziehen.

Von der US-Army auf der Flucht in den österreichischen Alpen festgenommen, wurde Streicher in den Nürnberger Prozessen als Hauptkriegsverbrecher angeklagt und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt. Er starb am 16.10.1946 durch den Strang.

Quellen

Baird, Jay W.: Julius Streicher. Der Berufsantisemit, in: Smelser, Ronald/Syring, Enrico/Zitelmann, Rainer (Hg.): Die braune Elite, Bd. 2:21 weitere biographische Skizzen, Darmstadt 1999, S. 231-242.
Roos, Daniel: Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923-1945, Paderborn 2014.

Empfohlene Zitierweise

Oliver Hochkeppel: Streicher, Julius (publiziert am 12.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/streicher-julius-813