Der bereits fürs 19. Jahrhundert verschiedentlich belegte Begriff wurde im Ersten Weltkrieg in mancherlei Abwandlungen, etwa „totale Mobilmachung“ oder „absoluter Krieg“, verwendet. 1935 veröffentlichte Erich Ludendorff eine Schrift mit dem Titel „Der totale Krieg“. Im Zweiten Weltkrieg übernahm Reichspropagandaminister Joseph Goebbels das Schlagwort, um allumfassende Maßnahmen zur sogenannten Mobilmachung der deutschen Gesellschaft einzufordern.
Proklamation
Goebbels begann im Herbst 1942, eine Kampagne zur Intensivierung der Kriegsanstrengungen vorzubereiten. Am 18.2.1943 proklamierte er schließlich den „totalen Krieg“: Rund einen Monat nach der Kapitulation der Deutschen Truppen in Stalingrad hielt er im Berliner Sportpalast eine Rede vor ausgewähltem Publikum. Dabei wandte er sich mit zehn Fragen an das Auditorium, darunter als vierte Frage: „Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?“ (Dok. 1). Diese Rede mit ihrem frenetischen „Ja“-Gebrüll und dem tosenden Applaus der Massen gilt als eines der wichtigstes Ton- und Filmdokumente für die fanatisierende Wirkung der Goebbels-Propaganda.
Ziele und Entwicklung
Der Rede vorausgegangen war als Reaktion auf die Kriegswende in Stalingrad ein Erlass Adolf Hitlers zur „totalen Mobilisierung“ vom 13.1.1943 und eine Verordnung des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Fritz Sauckel „über die Meldung von Männern und Frauen für Aufgaben der Reichsverteidigung“ vom 27.1.1943. Diese zielten vor allem auf eine Mobilisierung an der Heimatfront ab: Sie verfügten die Dienstpflicht für Männer vom 16. bis zum 65. Lebensjahr und für Frauen (mit Ausnahmen) vom 17. bis zum 45. Lebensjahr. Auch hatte das Reichswirtschaftsministerium am 4.2.1943 bereits alle nicht kriegswichtigen Betriebe und Gaststätten schließen und kulturelle Aktivitäten zum Teil einstellen lassen. In der gesamten staatlichen Verwaltung sowie im Parteiapparat wurden zahlreiche „Vereinfachungsmaßnahmen“ durchgeführt. Die Arbeitszeit in Rüstungsbetrieben wurde schrittweise auf zwölf Stunden verlängert. Erweiterte Verfolgungsmaßnahmen und eine verschärfte Bestrafung bei Versuchen, sich diesen Maßnahmen zu entziehen, flankierten das Vorgehen. Auf propagandistischer Ebene sollte die deutsche Bevölkerung in ihrer „Führertreue“ bestärkt und auf die geschlossene Abwehr der „bolschewistischen Gefahr aus dem Osten“ eingeschworen werden. Dies festigte zwar Goebbels‘ Position innerhalb des NS-Machtgefüges, ging ihm aber nicht weit genug. Erst eine Radikalisierung durch den „Erlass des Führers über den totalen Kriegseinsatz“ vom 25.7.1944 und seine gleichzeitige Ernennung zum „Generalbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz“ mit ausgedehnten Machtbefugnissen stellten ihn zufrieden. Unmittelbar vorausgegangen waren die alliierte Invasion in der Normandie und das Attentat am 20.7.1944. Unter Einsatz massiver Propaganda und äußerster Intensivierung der zivilen Kriegsanstrengungen sollten die letzten Reserven mobilisiert werden. Die von Goebbels vorangetriebenen sogenannten Auskämmaktionen zur Rekrutierung weiterer Arbeitskräfte und neuer Soldaten für die Front machten auch vor Ministerien und der rückwärtigen Wehrmachtsverwaltung nicht halt, blieben allerdings vor allem wegen der mangelnden Ausbildung der Rekrutierten nur mäßig erfolgreich. Sein Vorhaben, durch ein sogenanntes Wehrhilfsgesetz Frauen im Alter von über 30 Jahren zum Militärdienst zu verpflichten, konnte Goebbels nicht durchsetzen.
Gau München-Oberbayern
Mit der Ausrufung des Totalen Krieges Anfang 1943 ernannte man die Gauleiter zu Reichsverteidigungskommissaren in den Reichsverteidigungsbezirken, die ihrem Gaugebiet entsprachen. Durch die Übernahme der Gauwirtschaftskammern waren die Gauleiter auch für die gewerbliche Wirtschaft und die Auskämmaktionen zur Rekrutierung bisher nicht erfasster Arbeitskräften federführend. Zusammen mit den Zuständigkeiten im Baubereich und der Organisation des Arbeitseinsatzes wurden so zentrale Sonderverwaltungen der jeweiligen Region direkt mit der Gauleitung verknüpft. Der Gauleiter für München und Oberbayern Paul Giesler gewann dadurch zentrale Aufgaben hinzu, die seinen bisherigen Einflussbereich stark erweiterten. 1944 richtete Giesler ein eigenes Sachgebiet „Totaler Krieg“ ein. Auch die durch Erlass vom 25.9.1944 aufgestellten Volkssturmeinheiten waren der Gauleitung unterstellt. Im Volkssturm wurden bis dahin nicht einberufene berufstätige Männer und Jugendliche der Jahrgänge 1884 bis 1928 zum Dienst an der Waffe verpflichtet. Ihre militärische Ausbildung erhielten sie nach Dienstschluss und an Sonntagen. Nicht nur im Zusammenhang mit dem Volkssturm, sondern auch in zahllosen weiteren Zuständigkeitsfragen kam es zwischen Gauleitung und der militärischen Führung immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten und Unstimmigkeiten.
Stadt München
In der Stadt München war die Phase des Totalen Kriegs vor allem durch die wachsende Zahl von Luftangriffen mit, ab Sommer 1944, fast täglichen Bombenalarmen geprägt. Angesichts der immer massiver werdenden Zerstörungen und des Verlusts der Infrastruktur wurde der Bombenkrieg in der Stadt zur allgegenwärtigen Erfahrung. Der Arbeitseinsatz von Zwangsarbeiter*innen zur Räumung von Kriegsschäden gehörte immer mehr zum alltäglichen Straßenbild. Auch die ständigen Durchhalteparolen und die propagierten Aussichten auf bevorstehende Vergeltungsschläge gegen die Alliierten mit Hilfe sogenannter Wunderwaffen konnten die Bevölkerung über die desolate Lage nicht mehr hinwegtäuschen.
Durchsetzung in der Endphase
Zudem entwickelte der Terror des Beobachtungs- und Verfolgungsapparats im „totalen Krieg“ eine sich rasch radikalisierende Dynamik, etwa durch das rücksichtslose Vorgehen von Standgerichten oder willkürliche Maßnahmen gegen sogenannte Defätist*innen. Diese Phänomene werden in der Forschung allgemein als „Verbrechen der Endphase“ bezeichnet.