Karl Wolff (13.5.1900 Darmstadt – 15.7.1984 Rosenheim)

Biografien
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

Kaufmann, SS-Obergruppenführer, General der Waffen-SS

Karl Wolff (l.), hier mit Heinrich Himmler bei einem Besuch bei Adolf Hitler in der Wolfsschanze/Rastenburg anlässlich von dessen Geburtstag am 20.4.1942 | Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Heinrich Hoffmann, hoff-44274

Geboren als Sohn des späteren Landgerichtsrats Carl Wolff und der Forstmeisterstochter Elisabeth Ulrich, wuchs Wolff in Darmstadt auf. Bereits als Gymnasiast unterzog er sich einer vormilitärischen Ausbildung in der Jugendwehr, legte 1917 das Notabitur ab und meldete sich zum Kriegsdienst. Im selben Jahr folgte der Einsatz an der Westfront. Aus dem Ersten Weltkrieg kehrte Wolff als Leutnant heim und trat Ende 1918 dem Freikorps Hessen bei. 1920 wurde er im Zuge der Demobilisierung aus der Armee entlassen. Nach einer Banklehre in Frankfurt am Main zog Wolff 1923 aus beruflichen Gründen nach München. Vorübergehend arbeitslos, gründete er 1925 mit seiner Frau Frieda von Römheld eine Anzeigenagentur, die jedoch Anfang der 1930er-Jahre in Konkurs ging.

Wolff wandte sich der extremen Rechten zu. Seinem Beitritt zu NSDAP und SS im Jahr 1931 folgte ein rascher Aufstieg in der Partei. Seit März 1933 NSDAP-Reichstagsabgeordneter, wurde der gewandt auftretende Karrierist im selben Jahr Adjutant, 1934 Chefadjutant Heinrich Himmlers, 1936 Chef des Persönlichen Stabes des Reichsführers-SS. Wolff avancierte zum engsten Mitarbeiter und Vertrauten Himmlers. Bei Kriegsbeginn wurde er Verbindungsoffizier Himmlers zum Führerhauptquartier und war über alle wesentlichen Vorgänge des Vernichtungskriegs unterrichtet. 1943 als Höchster SS- und Polizeiführer nach Italien beordert, war der inzwischen zum SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS beförderte Wolff dort unter anderem für Partisanenbekämpfung, Deportationen und Rekrutierung zur Zwangsarbeit verantwortlich. Als die deutsche Kriegsniederlage unmittelbar bevorstand, gelang es ihm in Geheimverhandlungen mit den Westalliierten, einen vorzeitigen Waffenstillstand in Italien herbeizuführen.

Wolff wurde nach Kriegsende interniert und diente in den Nürnberger Prozessen als Zeuge der Anklage. Im Zuge seines Entnazifizierungsverfahrens wurde er 1949 in Hamburg zu vier Jahren Gefängnis verurteilt; die Strafe war allerdings durch die Internierungshaft bereits abgegolten. Wolff fasste wieder Fuß in der Werbebranche. Mit seiner zweiten Frau, einer Gräfin von Bernstorff, zog Wolff an den Starnberger See und arbeitete als Anzeigenvertreter für eine Illustrierte. In der Folge des Eichmann-Prozesses wurde die bundesdeutsche Justiz auf Wolff aufmerksam; 1962 kam es zur Verhaftung. Der Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Warschauer Ghetto in das Vernichtungslager Treblinka sowie der Erschießung von Juden und Partisanen in Minsk angeklagt, verurteilte ein Münchner Gericht ihn 1964 wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen zu 15 Jahren Haft; Wolff selbst hatte stets geleugnet, vom Holocaust auch nur gewusst zu haben. Die Berufung seines Verteidigers Rudolf Aschenauer wurde 1965 verworfen. 1969 krankheitsbedingt aus dem Zuchthaus Straubing entlassen, wurde Wolff 1971 Haftverschonung gewährt. Seinen Lebensabend verbrachte er am Chiemsee und meldete sich wiederholt in Presse und Fernsehen zu Wort. 1982 trat er als Gutachter der angeblichen Hitler-Tagebücher auf, die sich rasch als Fälschung erwiesen. Wolff starb 1984 in einer Rosenheimer Klinik an Krebs.

Quellen

Fröhlich-Broszat, Elke: Wolff, Karl, in: Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 1999, S. 494f.
Lingen, Kerstin von: SS und Secret Service. „Verschwörung des Schweigens“. Die Akte Karl Wolff, Paderborn 2010.
Riverein, Marcus: „Das ‚einwandfreie‛ Leben des Waffen-SS-Generals Karl Wolff“. Der Münchner Prozess gegen Himmlers Adjutanten 1964, in: Osterloh, Jörg/Vollnhals, Clemens (Hg.): NS-Prozesse und deutsche Öffentlichkeit. Besatzungszeit, frühe Bundesrepublik und DDR, Göttingen 2011, S. 323-348.
Simms, Brendan: Karl Wolff. Der Schlichter, in: Smelser, Ronald/Syring, Enrico (Hg.): Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, 2. Aufl., Paderborn 2003, S. 441-456.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Wolff, Karl (publiziert am 27.09.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/wolff-karl-898