Judith Hirsch stammte aus einer in Baden ansässigen Familie und kam als zweite Tochter des Teilinhabers einer Sportartikelfirma, Max Adolf Hirsch, und der zum jüdischen Glauben übergetretenen Lina Brotz in Karlsruhe zur Welt. Einer der Brüder des Vaters war der bekannte Fußballer Julius Hirsch, Mannschaftskapitän des Karlsruher FV, des deutschen Meisters von 1910. 1933 wurde Judith eingeschult; drei Jahre später gab es bereits getrennte Klassen für jüdische Kinder. Nach dem Novemberpogrom 1938 emigrierte die fünf Jahre ältere Schwester Ruth mit einem Kindertransport ins sichere England; Vater Max und Onkel Julius mussten das Geschäft aufgeben. Max Hirsch bekam das Angebot, in der Münchner Israelitischen Privatklinik als Hausmeister zu arbeiten; Anfang 1939 zogen Judith und ihre Mutter zum Vater nach München.
Nach der Schule konnte die 14-jährige Judith Hirsch im Frühjahr 1941 im Kinderheim in der Antonienstraße eine Haushalts- und Kinderpflegeausbildung beginnen. Doch im November 1941 musste sie mithelfen, die Heimkinder für die Fahrt in die Konzentrations- bzw. Vernichtungslager ‚reisefertig‘ zu machen. In den Monaten danach wurden mehr und mehr Kinder abgeholt. Bei der Auflösung des Kinderheims im April 1942 befand sich Judith wieder bei ihren Eltern im Israelitischen Krankenhaus. Dort erlebte sie im Juni 1942 auch den Abtransport der Ärzte, Schwestern und aller Patient*innen in Möbelwagen in das KZ Theresienstadt mit und auch die Verzweiflung ihres Vaters, der beim Hinaustragen der Schwerkranken helfen musste. Die verbliebene Familie wurde angewiesen, in die inzwischen zum ‚Judenlager‘ umfunktionierte letzte örtliche Station der Israelitischen Kultusgemeinde, in die Lindwurmstraße 125, umzuziehen; nach drei Wochen mussten Judith und ihr Vater ins Internierungslager Berg am Laim. Die ‚arische‘ Mutter nahm ein möbliertes Zimmer und konnte nur sonntags zu Besuch kommen.
Den Sommer über bis Oktober 1942 musste Judith Hirsch in der Flachsröste Lohhof Zwangsarbeit leisten, verbunden mit stundenlangen Fußmärschen vom Hauptbahnhof nach Berg am Laim, da die Benutzung der Straßenbahn für Juden verboten war. Von Oktober 1942 bis Anfang des Jahres 1945 wurde Judith zur Zwangsarbeit bei der ‚kriegswichtigen‘ Batterie- und Telefonfabrik Kammerer verpflichtet.
Am 22.2.1945 wurden auch die letzten in ‚Mischehe‘ lebenden Juden*Jüdinnen und deren Kinder, darunter Judith und ihr Vater Max Hirsch, in das KZ Theresienstadt deportiert. Sie überlebten Hunger und Seuchen, wurden am 8.5. von der sowjetischen Armee befreit und kamen nach München zurück, wo Mutter Lina auf sie wartete. Judith heiratete kurz danach den beim britischen Geheimdienst beschäftigten Albert Bob Rosenberg, dessen Mutter und Bruder im Vernichtungslager Treblinka ermordet worden waren. Sie bekam mit ihm – noch in München – zwei Töchter, Marian und Evelyne. 1951 wanderte die Familie nach Kanada aus, wo Judy Hirsch-Rosenberg als Hotelmanagerin Karriere machte. Ein Foto auf der Gedenkstele in der Antonienstraße zeigt sie und ihre Freundin Merry Gaber in den 1940er-Jahren im Antonienheim, stellvertretend für das Schicksal der dort untergebrachten Kinder.