Richard Lebküchner (2.3.1902 Neuenstadt/Kocher – 10.8.1981 Fürstenfeldbruck)

Biografien
Verfasst von Andreas Eichmüller

Gestapobeamter in München

Richard Lebküchner, undatiert | Bundesarchiv (ehem.BDC), SSO/ Lebküchner, Richard

Der Sohn eines Medizinalrats besuchte das Realgymnasium in Ulm, studierte Geologie in Tübingen, Göttingen und München und wurde 1928 promoviert. Anschließend bekam er eine Assistentenstelle am Geologisch-paläontologischen Institut der Universität Königsberg, die jedoch 1931 nicht verlängert wurde. Da er keine neue Anstellung finden konnte, engagierte sich Lebküchner nun verstärkt in der NSDAP, der er im Oktober 1930 beigetreten war. Er fungierte als Zellenleiter und Kreisgeschäftsführer Königsberg-Stadt. Nach einem Konflikt mit Gauleiter Erich Koch verlagerte er sein Engagement zur SS, der er im Dezember 1930 beigetreten war, und wurde Schreiber des I. SS-Sturmbanns Königsberg. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bewarb er sich bei der Kriminalpolizei. Er begann Ende 1933 als Kriminalangestellter in Elbing, 1935 wurde er Kriminalkommissar und war anschließend bei der Grenzpolizei in Marienburg und bei der Staatspolizei in Breslau tätig. Im April 1938 wechselte er als Lehrer zur Grenzpolizeischule in Pretzsch an der Elbe, wo unter anderem SS-Angehörige zu Sicherheitspolizisten für die nach Kriegsbeginn in den besetzten Gebieten errichteten Gestapodienststellen ausgebildet wurden.

Im April 1942 kam Lebküchner zur Gestapoleitstelle München und übernahm dort die Leitung des ‚Ausländerreferats‘. Sein Referat war vor allem zuständig für die Überwachung und Disziplinierung der zahlreichen im Bereich der Leitstelle eingesetzten ausländischen Zwangsarbeiter*innen. Lebküchner setze die seitens seiner vorgesetzten Dienststelle, des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) in Berlin, erlassenen drakonischen Strafmaßnahmen bei Verstößen gegen das strenge Arbeitsreglement oder kriminellen Vergehen mit ganzer Härte um. Obwohl es vor Ort erheblichen Handlungsspielraum gab, führte er die Prügelstrafe (‚Kurzbehandlung‘) ein, duldete schwerste Misshandlungen durch seine Untergebenen und übermittelte dem RSHA Stellungnahmen, die zur Hinrichtung (‚Sonderbehandlung‘) von mehr als 50 Personen führten.

Nach Kriegsende wurde Lebküchner von amerikanischen Soldaten festgenommen und interniert. Die Spruchkammer stufte ihn im Juli 1948 als „Hauptschuldigen“ ein, erklärte jedoch die ausgesprochene dreijährige Lagerhaft infolge der Internierung für verbüßt. In einem durch mehrere Instanzen laufenden Strafverfahren sprach das Landgericht München I Lebküchner letztlich bezüglich der Tötungen frei, verurteilte ihn aber wegen der Misshandlungen zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Er brauchte nur einen Teil dieser Strafe zu verbüßen. 1952 fand er wieder eine Arbeit als Geologe und ging anschließend für längere Zeit in Türkei. 1970 kehrte er nach Deutschland zurück und lebte dann als Rentner in der Nähe von München.





Quellen

Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaften 17439.
Ranft, Jenny: Dr. Richard Lebküchner - der „Tyrann der Münchner Gestapo“, in: Krauss, Marita (Hg.): Rechte Karrieren in München. Von der Weimarer Zeit bis in die Nachkriegsjahre, München 2010, S. 262-278.

Empfohlene Zitierweise

Andreas Eichmüller: Lebküchner, Richard (publiziert am 08.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/lebkuechner-richard-488