Johannes Neuhäusler (27.1.1888 Eisenhofen / Dachau -14.12.1973 München)

Biografien
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

Katholischer Geistlicher, Weihbischof im Erzbistum München und Freising

Pressekonferenz des ‚Komitees für Wahrheit und Gerechtigkeit‘ in München, 15.1.1951, mit Helene von Isenburg, Weihbischof Johannes Neuhäusler (Mitte) und Rechtsanwalt Rudolf Aschenauer | ullstein bild/dpa, 00214952

Der aus bäuerlicher Familie stammende Neuhäusler, 1913 zum Priester geweiht, wurde 1932 Domkapitular in München. Als Mitarbeiter des Erzbischofs Michael von Faulhaber wurde er 1933 von diesem zum kirchenpolitischen Referenten im Erzbistum München und Freising berufen, mit dem Auftrag, nationalsozialistische Übergriffe gegen die Katholische Kirche zu dokumentieren und dagegen vorzugehen. Aufgrund seiner Proteste geriet er schon früh in den Blick der Gestapo und kam 1934 kurzzeitig in Haft. 1941 wurde er erneut festgenommen und über das KZ Sachsenhausen nach Dachau überstellt, wo er als ‚Sonderhäftling‘ mit anderen Geistlichen bis Ende April 1945 gefangengehalten wurde.

1946 veröffentlichte er unter dem Titel Kreuz und Hakenkreuz eine Dokumentation über die Haltung der Katholischen Kirche in der NS-Zeit, in der er die Amtskirche als Widerstandsorganisation und Opfer der NS-Verfolgung darstellte und jegliche Kritik an ihrem Verhalten zurückwies. Gleichzeitig setzte sich Neuhäusler, 1947 zum Weihbischof ernannt, bei den Besatzungsbehörden für angeklagte und verurteilte Kriegs- und NS-Verbrecher ein. Zusammen mit anderen Kirchenvertretern beider Konfessionen gründete er am 26.11.1949 im Erzbischöflichen Ordinariat in München das ‚Komitee für kirchliche Gefangenenhilfe‘, das auf Initiative des NS-Täter-Anwalts Rudolf Aschenauer und unter Mitarbeit ehemaliger NS-Funktionäre für die Revision alliierter Gerichtsurteile eintrat. Auch in dem 1951 zum selben Zweck im Münchner Kolpinghaus ins Leben gerufenen Verein ‚Stille Hilfe für Kriegsgefangene und Internierte‘ engagierte sich Neuhäusler an vorderster Stelle. Erst nach der Entlassung der letzten Verurteilten aus Landsberg Ende der 1950er-Jahre zogen sich die Kirchen aus der ‚Stillen Hilfe‘ zurück. Neuhäusler setzte sich aber auch danach noch für prominente NS-Verbrecher ein, etwa den hohen SS-Funktionär Karl Wolff. Doch gehörte der Geistliche auch zu den Vorkämpfern für die Errichtung der KZ-Gedenkstätte Dachau. Auf ihn geht die Todesangst-Christi-Kapelle auf dem ehemaligen KZ-Gelände zurück, die 1960 geweiht wurde.

Quellen

Forstner, Thomas: Zweiter Kirchenkampf oder Stellvertreterdiskurs? Katholischer Konservatismus und die Interpretation des Katholizismus im Nationalsozialismus nach 1945, in: Leugers, Antonia (Hg.): Zwischen Revolutionsschock und Schulddebatte. Münchner Katholizismus und Protestantismus im 20. Jahrhundert, Saarbrücken 2013, S. 243-282.
Frei, Norbert: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1999.
Neuhäusler, Johannes: Kreuz und Hakenkreuz. Der Kampf des Nationalsozialismus gegen die katholische Kirche und der kirchliche Widerstand, München 1946.
Neuhäusler, Johannes: Zeugen der Wahrheit, Kämpfer des Rechts gegen den Nationalsozialismus, München 1947.
Neuhäusler, Johannes: Wie war das in Dachau? Ein Versuch, der Wahrheit näherzukommen. Kuratorium für Sühnemal KZ Dachau, München u.a. 1960.
Neuhäusler, Johannes: Saat des Bösen. Kirchenkampf im Dritten Reich, München 1964.
Neuhäusler, Johannes: Amboß und Hammer. Erlebnisse im Kirchenkampf des Dritten Reiches, München 1967.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Neuhäusler, Johannes (publiziert am 27.09.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/neuhaeusler-johannes-596