Karl Scharnagl (17.1.1881 München – 6.3.1963 München)

Biografien
Verfasst von Sabine Schalm

Christlich-konservativer Münchner Bürgermeister (1925-1933 und 1945-1948)

Karl Scharnagl (1881-1963), Aufnahme 1930 | SZ Photo/Scherl, 00076759

Scharnagl wurde in München-Haidhausen als Sohn eines Bäckermeisters geboren. Nach der Bäckerlehre im elterlichen Betrieb legte er seine Meisterprüfung ab und übernahm 1905 die Geschäftsführung. Er engagierte sich im Katholischen Gesellenverein wie auch im Volksverein für das katholische Deutschland und trat 1911 als Zentrumsabgeordneter der Zweiten Kammer des bayerischen Landtags in die Politik ein.

Nach dem Ende der Monarchie trat er in die neu gegründete Bayerische Volkspartei ein und war Mitglied des Münchner Stadtrats (1919-1933, bis 1925 Fraktionsvorsitz) und Landtagsabgeordneter (1920-24, 1928-32). 1924 wurde Scharnagl zum Ersten Münchner Bürgermeister gewählt (Amtsantritt 1925, ab 1926 Oberbürgermeister). Gegen seinen sozialdemokratischen Konkurrenten Eduard Schmid konnte er sich bei seiner ersten Bürgermeisterwahl nur mit Hilfe der sechs nationalsozialistischen Stimmen im Stadtrat durchsetzen. Als erster Vorsitzender des Kartells der katholischen bürgerlichen Vereine Münchens war er im katholisch-bürgerlichen Milieu der Stadt bestens vernetzt und verfolgte einen entschieden rechtskonservativen Kurs. Bis 1930 unterschätzte Scharnagl die Gefahr, die von der nationalsozialistischen Partei ausging. Zu seinen kommunalpolitischen Verdiensten zählte der erfolgreiche Ausbau kommunaler Einrichtungen und Infrastruktur.

Am 20.3.1933 wurde er zum Rücktritt als Oberbürgermeister gezwungen, nachdem elf Tage zuvor Nationalsozialisten das Münchner Rathaus besetzt und kommunistische und sozialdemokratische Stadträte misshandelt hatten. Fortan führte Karl Scharnagl von der Politik zurückgezogen seine Bäckerei in Haidhausen. Seit 1943 stand er in Kontakt mit Carl Goerdeler, der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv war. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20.7.1944 war Karl Scharnagl von Ende August bis Anfang Oktober 1944 im KZ Dachau inhaftiert. Ende April 1945 unterstützte Karl Scharnagl die Freiheitsaktion Bayern.

Die amerikanische Militärregierung setzte Karl Scharnagl am 4.5.1945 kommissarisch als Oberbürgermeister ein, am 26.5.1946 wurde er in der ersten Stadtratswahl bestätigt. 1948/49 war Scharnagl unter Thomas Wimmer (SPD) Zweiter Bürgermeister. In seinen politischen wie ehrenamtlichen Funktionen war er maßgeblich am Wiederaufbau in Bayern beteiligt unter anderem als Gründungsmitglied der CSU 1945, als Mitglied des Vorbereitenden Verfassungsausschusses und der Verfassungsgebenden Landesversammlung 1946 und als Mitbegründer der Münchner Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit 1948.

Quellen

Angermair, Elisabeth: Karl Scharnagl (1881-1963). Oberbürgermeister von München, in: Buchstab, Günter u.a. (Hg.), Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union, Freiburg 2004, S. 430-437.
Hermann, Michael: Kommunale Kulturpolitik in München von 1919 bis 1935, München 2003.
Scharnagl, Karl: Politische Begebenheiten meines Lebens, die nicht in Akten stehen, München o.J. [1962].
Steinborn, Peter: Grundlagen und Grundzüge Münchner Kommunalpolitik in den Jahren der Weimarer Republik. Zur Geschichte der bayerischen Landeshauptstadt im 20. Jahrhundert, München 1968.
Stephan, Michael: Karl Scharnagl, in: Hettler, Friedrich H./Sing, Achim (Hg.), Die Münchner Oberbürgermeister. 200 Jahre gelebte Stadtgeschichte, München 2008, S. 103-116.

Empfohlene Zitierweise

Sabine Schalm: Scharnagl, Karl (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/scharnagl-karl-733