Wilhelm Olschewski sen. (18.8.1871 Lyck/Ostpreußen – 30.4.1943 Gefängnis München-Stadelheim)

Biografien
Verfasst von Friedbert Mühldorfer

Führendes Mitglied eines kommunistischen Widerstandskreises in München

Wilhelm August Olschewski (1871-1943) | Detjen, ›Zum Staatsfeind ernannt ...‹, 1998

Der Kaufmann und Weltkriegs-Offizier war in der Rätebewegung 1918/19 in Augsburg führend tätig, wurde dafür im Juni 1919 wegen Hochverrats zu sieben Jahren Festungshaft verurteilt und Ende 1924 amnestiert. Inzwischen Mitglied der KPD, arbeitete er seit 1925 in München als Geschäftsführer der kommunistischen Neuen Zeitung. Die große Familie – er hatte mit seiner Frau Sophie fünf Kinder – bildete mit ihrer Wohnung in der Augustenstraße ein weit über München hinausreichendes ‚kommunistisches Zentrum‘. Aufgrund seiner militärischen Erfahrungen und seiner Kontakte war Olschewski seit Anfang der 1930er-Jahre im Münchner ‚Aufbruch-Arbeitskreis‘ tätig: Mit der Zeitschrift Aufbruch wurde reichsweit versucht, national-konservative Kreise für eine revolutionäre, aber antinationalsozialistische Zielsetzung zu gewinnen.

Olschewski wurde bereits am 7.3.1933 festgenommen und für drei Monate eingesperrt. Bis Herbst 1937 folgten drei weitere, jeweils kurzzeitige Inhaftierungen und wiederholte Hausdurchsuchungen (die beiden Söhne Erich und Willy waren teilweise viele Jahre im KZ Dachau). Trotzdem war er bereit, am Aufbau eines reichsweiten Netzes um den befreundeten Hauptmann a.D. Beppo Römer mitzuwirken, einem ehemaligen Freikorpsführer des ‚Bundes Oberland‘. Seit Kriegsbeginn 1939 war Römer mehrmals zu Gesprächen mit Hans Hartwimmer und Olschewski nach München gekommen, um ihre Ziele zu besprechen: Aufbau kleiner konspirativer Gruppen zur Schulung, Maßnahmen zur Beeinträchtigung der Kriegsmaschinerie und schließlich Vorbereitung von Aktionen, um im Fall der Kriegsniederlage zusammen mit Militärs und Widerstandsgruppen in Betrieben die NS-Machthaber zu beseitigen. In diesem Sinne bemühte sich Olschewski auch um Ausweitung dieses Netzes auf Augsburg.

Anfang 1942 aber konnte die Gestapo innerhalb kurzer Zeit nicht nur die Beteiligten in Berlin, sondern auch in München insgesamt 43 Personen verhaften. Olschewski wurde am 4.2.1942 festgenommen und zuerst ins Gestapogefängnis im Wittelsbacher Palais, dann in das Gefängnis Corneliusstraße und am 19.4. schließlich in die Krankenabteilung des Gefängnisses Stadelheim gebracht, wo er kurz darauf am 30. April 1943 unter ungeklärten Umständen, möglicherweise in der Folge von Misshandlungen, verstarb. In mehreren Prozessen wurden ein Jahr später sechs Mitglieder der Widerstandsgruppe, darunter Olschewskis Sohn Willy und sein Schwiegersohn, zum Tode verurteilt; andere erhielten langjährige Zuchthausstrafen.

In München-Milbertshofen wurde 1987 der Olschewski-Bogen nach dem Widerstandskämpfer benannt.

Quellen

Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Landesentschädigungsamt 27427.
Bundesarchiv Berlin, Oberreichsanwalt R 3017 (NJ 1634/1u.2).
Bindrich, Oswald/Römer, Susanne: Beppo Römer. Ein Leben zwischen Revolution und Nation, Berlin 1991.
Bretschneider, Heike: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in München 1933 bis 1945, München 1968.

Empfohlene Zitierweise

Friedbert Mühldorfer: Olschewski, Wilhelm sen. (publiziert am 16.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/olschewski-wilhelm-sen-630