Der Nationalsozialismus hat das gesamte deutsche Musikleben in seinen Dienst gestellt und die unterschiedlichsten musikalischen Bereiche, von der Konzertmusik über Haus-, Volks- und Militärmusik bis hin zur Filmmusik und populären Unterhaltungsmusik, vielfach beeinflusst. Dieser Dimension hat sich die Musikwissenschaft bis in die 1980er-Jahre hinein nur am Rande gewidmet und stattdessen vor allem die Unterdrückung, Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von jüdischen und/oder politisch missliebigen Musiker*innen und Komponist*innen thematisiert. Seit den 1990er-Jahren jedoch rücken weitere komplexe Fragestellungen in den Vordergrund. Sie beschäftigen sich mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der damaligen Musikproduktion, der konkreten Ausformung der Musikpolitik und Ideologie sowie der Inszenierung der Musik innerhalb des nationalsozialistischen Staates. Dabei rückt auch die Vorgeschichte immer stärker in den Fokus, denn die musikalischen und musikästhetischen Voraussetzungen für die Musikpolitik im Nationalsozialismus waren meist lange vor 1933 ausgebildet und präsent.
Dies betrifft vor allem das Verhältnis von Moderne und Antimoderne. Schließlich war das bürgerliche Opern- und Konzertwesen zumeist konservativ ausgerichtet. Eine Öffnung zur modernen zeitgenössischen Musik konnte nur in Nischen verwirklicht werden, denn im Bürgertum waren vor allem antimoderne Ressentiments populär. In München wurde beispielsweise eine „Schmutz- und Schundkampagne“ auf musikalischem Gebiet initiiert. Einer der Wortführer war Hans Pfitzner mitsamt seinem Pamphlet „Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz. Ein Verwesungssymptom?“, das erstmals 1919 in München erschien und in den 1920er Jahren mehrfach neu aufgelegt wurde.
Nach der Machtübernahme im Jahr 1933 waren die Nationalsozialisten bemüht, das deutsche Musikleben organisatorisch möglichst vollständig zu erfassen. Verschiedene Kontrollinstanzen – wie beispielsweise der „Städtische Musikbeauftragte“ – wurden installiert, um die musikalischen Angebote vor Ort auf ihre ideologische Kompatibilität zu überprüfen. Die neu gegründete Reichsmusikkammer (RMK) mit Richard Strauss als ihrem ersten Präsidenten war als Teil der Reichskulturkammer u.a. für die reichsweite Erfassung und Gleichschaltung aller musikalischen Akteur*innen zuständig. Denn nur wer (kostenpflichtiges) Mitglied der RMK war, durfte musikalisch aktiv werden. Da die Mitgliedschaft in der RMK nur „arischen“ und/oder politisch wie musikalisch angepassten Musikschaffenden vorbehalten war, wurden viele jüdische und auch anderweitig unerwünschte Musiker*innen und Komponist*innen samt ihrer Werke aus dem deutschen Musikleben verstoßen. Viele prominente Musiker*innen und Komponist*innen emigrierten, so Hanns Eisler, Paul Dessau, Ernst Krenek und Arnold Schönberg.
Dagegen sollte im nationalsozialistischen Deutschen Reich eine „arteigene“ zeitgenössische Musik gefördert werden, um die angestrebte „Weltherrschaft“ auch musikalisch weithin vernehmbar zu festigen. Das erhöhte Bedürfnis des Regimes nach gegenwartsbezogenen „Spitzenleistungen“ sah dabei verschiedene Maßnahmen vor. So wurden auch in München städtische Musikpreise vergeben sowie Konzertreihen neu aufgelegt und einige Komponisten wie Werner Egk und Carl Orff besonders gefördert. In erster Linie ging es darum, den vorhandenen Gesamtbestand der deutschen Musikgeschichte für den NS politisch-ideologisch verfügbar zu machen. Neben Richard Wagner und Ludwig van Beethoven wurden vor allem Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn, Anton Bruckner und Johannes Brahms in den Konzertprogrammen und Propagandaveranstaltungen als dezidiert „deutsche“ Kulturträger präsentiert. Selbst innerhalb der privaten Musikausübung wurde durch die Propagierung einer „deutschen“ Hausmusik im Rahmen des „Tages der deutschen Hausmusik“ versucht, eine entsprechende musikalische Volkserziehung zu etablieren.
Im nationalsozialistischen Staat kam der Musik als akustischem Trägermaterial von Massenmobilisierung eine besondere Funktion innerhalb der politischen Herrschaftstechnik zu. Musik war generell im Zusammenhang mit der öffentlichen Inszenierung des Nationalsozialismus in zahlreichen Feiern und Ritualen unverzichtbar. Auch das musikalische Erscheinungsbild der NSDAP war sehr eng mit dieser musikalischen Sphäre verbunden: Starke lokalgeschichtliche Bezüge sind beispielsweise beim „Badonviller Marsch“ (1914 komponiert von dem Münchner Militärmusikmeister Georg Fürst) zu konstatieren, der als „Badenweiler Marsch“ während der 1920er Jahre und dann vor allem nach 1933 zur Auftrittsmusik bzw. zum akustischen Markenzeichen Hitlers bei Parteiveranstaltungen avancierte.
Trotz antimoderner Kampagnen, wie der Ausstellung „Entartete Musik“ von 1938, erfreute sich moderne Jazz-, Tanz- und Unterhaltungsmusik auch im nationalsozialistischen Staat großer Beliebtheit. Zwar sollte nach dem Willen vieler Kulturfunktionäre die „fremdrassige“ Tanz- und Jazzmusik aus dem Musikleben verschwinden, doch nach einer anfänglichen Phase der Unsicherheit gingen viele Kapellmeister dazu über, ihr vorhandenes Notenmaterial lediglich äußerlich zu „germanisieren“: Sie änderten die englischen Namen der Komponisten oder gaben den Kompositionen deutsche Titel. So firmierte nun beispielsweise der „St. Louis Blues“ unter dem Titel „Lied vom Blauen Ludwig“, aus dem „Tiger Rag“ wurde der Foxtrott „Schwarzer Panther“. Dies genügte in den allermeisten Fällen, um zumindest die lokalen Polizeibehörden zufriedenzustellen. In München gab es gelegentliche Ambitionen des Oberbürgermeisters Fiehlers, die sogenannte „entartete Jazzmusik“ per Dekret aus dem Musikleben zu verbannen, ein offizielles Jazzverbot wurde jedoch nicht ausgesprochen, zumal einige der prominenten Münchner Parteifunktionäre, wie z.B. Gauleiter Adolf Wagner, großen Gefallen an der modernen Jazz- und Tanzmusik fanden und häufig in exklusiven Münchner Tanzlokalen wie dem „Künstlerhaus“ ihrem „Laster“ frönten.
Im Rundfunk war Unterhaltungsmusik, insbesondere die populären Tanzschlager, beständig präsent. Die Musik wurde durch ihre zentrale Stellung im Rundfunkprogramm zur stets verfügbaren Unterhaltungsoption. Während der Zeit des Nationalsozialismus bestand ein Großteil des Rundfunkprogramms aus Unterhaltungsmusik, deren Anteil bis zu 70% betrug. Insbesondere während des Zweiten Weltkriegs war Unterhaltungsmusik als Ablenkung vom Kriegsalltag besonders gefragt. Zur populärsten Rundfunksendung entwickelte sich das „Wunschkonzert für die Wehrmacht“, das eine Verbindung zwischen Heimat- und Kriegsfront herstellen sollte.